Zum Hauptinhalt springen

Was kostet uns die Energiewende? Und welche Auswirkungen wird die Umgestaltung auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft haben? Zu diesen Fragen diskutierten am Donnerstag, 1. November,  der Oldenburger Bischof Jan Janssen, Dr. Joachim Spangenberg vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und gleichzeitig Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Stephan Engel, Direktor für Energiemanagement der Dow Chemical Deutschland. Eingeladen zu der gut besuchten Podiumsdiskussion in der Alten Fleiwa hatten der Oldenburger Energieversorger EWE und das Internationale Institut für nachhaltiges Energiemanagement, Politik, Risiko und soziale Investitionen (INEP).

„Was uns die Energiewende kosten wird, das ist zu messen an der Kostbarkeit der Schöpfung“, machte Janssen in seinen Eingangsworten deutlich. „Und wie die Energiewende unser Denken und Handeln verändern wird, hängt davon ab, inwieweit wir diese Schöpfung im Sinne Gottes wahrnehmen und bewerten“, betonte er. Die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg sei über Sonntagsreden längst hinaus, so der Bischof und verwies auf das Integrierte Klimaschutzkonzept der Kirche, in dem Basisdaten und Handlungsempfehlungen für einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde formuliert sind. Gleichzeitig erinnerte er an das Ziel der Kirche, bis 2015 den Kohlendioxidausstoß um 25 Prozent zu reduzieren. Außerdem gehörten die energetische Sanierung des Gebäudebestandes („Machen Sie das mal mit romanischen Kirchen und Gemeindehäusern aus den 70er Jahren!“, so Janssen in der Diskussion.) genauso zu den Umweltschutzaktivitäten wie etwa der Ausschluss von genmanipuliertem Saatgut auf Kirchenland oder die Zusammenarbeit kirchlicher Kindergärten mit Naturschutzorganisationen, gab er einige Beispiele.

Wie schwierig die Umsetzung der Energiewende sei, hatte Dr. Werner Brinker, Vorstandsvorsitzender der EWE, zuvor in seiner Begrüßung formuliert und dabei unter anderem auf die Herausforderung beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen hingewiesen und auf die Problematik des Netzausbaus sowohl von der Nordsee aufs Festland als auch auf einer Nord-Süd-Trasse. „Wir brauchen ein Netz mit einer Länge von 3.600 Kilometer – 210 Kilometer haben wir in den letzten Jahren geschafft“, machte er deutlich. Auch in der Gebäudesanierung passiere viel zu wenig, mahnte er an. Zudem warnte er davor, nur auf Zahlen zu schauen. „Es geht in dieser Diskussion auch um Lebensqualität, Wohlstand und Wachstum.“

Wir müssen in die Energiewende investieren. Davon ist Dr. Joachim Spangenberg überzeugt. „Denn die Frage ist: Welche Kosten kommen auf uns zu, wenn wir NICHT in die Energiewende investieren? Wir leben in einem auslaufenden fossilen Zeitalter. Und wir haben die Wahl, rechtzeitig auszusteigen oder irgendwann sozusagen rausgeworfen zu werden – dann aber leben wir schon in einem Treibhaus“, sagte er. Die Ressourcen fossiler Brennstoffe schrumpften, so Spangenberg, regenerative Stromerzeugung sorge für Energiesicherheit. Doch der Wissenschaftler ging noch weiter: Schon in wenigen Jahren sei eine staatliche Steuerung nicht mehr notwendig, so seine Prognose. Die Effizienzsprünge der erneuerbaren Energien – insbesondere der Solarenergie – würden unterschätzt. „Wir sollten nicht fragen, was uns die Energiewende kosten, sondern was sie uns bringen wird. Schon in den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir Kosten sparen.“

Allerdings sei ein Umdenken insbesondere in den Bereichen Mobilität, Ernährung und Wohnen notwendig: Hin zu mehr Öffentlichem Nahverkehr, hin zu verdichtetem städtischen Bauen statt dem Häuschen im Grünen, weg vom immensen Fleischkonsum waren einige Beispiele, mit denen er eine umweltverträglichere Zukunft skizzierte.

Die Energiewende sei mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, schloss sich Stephan Engel seinen Vorrednern an, allerdings sei es ein sehr komplexes Unterfangen, diesen Konsens beizubehalten. „Es bedarf sehr vieler Dialoge“, meinte der Dow-Energiemanager. Die Energiewende werde einiges kosten – die Frage sei, welche Marktmechanismen man zulasse und wer welche Kosten trage. Engel verwies auf den Standort USA, wo der Strompreis nur halb so hoch sei wie in Deutschland, der Gaspreis sogar nur 40 Prozent des unsrigen betrage. „Wir wollen Teil der Lösung sein und unsere Innovationsmöglichkeiten einbringen“, machte er klar. „Aber wettbewerbsfähige Energie ist für uns ganz wichtig.“

Ähnlich wie auf dem Podium zeigte auch das Publikum viele Facetten der Energiewende auf: Die Eile, mit der die Energiewende trotz ungeklärter Probleme umgesetzt werde, wurde kritisiert, ebenso die 'Planwirtschaft', die im Moment in der Energiewirtschaft herrsche. Und auch die gesellschaftliche Ungerechtigkeit wurde angemahnt: Wer es sich leisten könne, in erneuerbare Energien zu investieren, dürfe mit Renditen von bis zu 20 Prozent rechnen, während andere kaum mehr in der Lage seien, den Strompreis zu zahlen. „Wir müssen auf diesem Weg unbedingt auch die Leute mitnehmen, die wenig Einfluss haben“, meinte Bischof Jan Janssen. Die Ressourcenschonung sei auch eine Frage der sozialen und globalen Gerechtigkeit, so Spangenberg, der sich für einen ganz klaren Weg einsetzte: „Natur und Klima sind nicht verhandelbar.“

Ein Beitrag von Anke Brockmeyer.

Weitere Informationen zum Integrierten Klimaschutzkonzept der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg finden Sie unter: www.kirche-oldenburg.de/kirche-gemeinden/oberkirchenrat/klimaschutzprojekt.html


Fotos: ELKiO/Anke Brockmeyer
Was kostet uns die Energiewende? Darüber diskutierten BUND-Sprecher Dr. Joachim Spangenberg, Stephan Engel (Dow Chemical) und Bischof Jan Janssen (von links) auf dem Podium, moderiert von Franz Josef Möllenberg (2. von links), Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten.
„Es geht in dieser Diskussion auch um Lebensqualität, Wohlstand und Wachstum“, betonte Dr. Werner Brinker, Vorstandsvorsitzender der EWE.