Lebensmittel im eigenen Garten anbauen, Bauernhöfe vor Ort direkt unterstützen, Agrarsubventionen stoppen das sind nur einige der Punkte, die laut Umweltökonom Niko Paech für das Leben in einer nachhaltigen Welt nötig sind. Ich weiß, es klingt wie eine Utopie, sagt der renommierte Oldenburger Professor. Aber einfach so weiterzumachen wie bisher, ist auch eine Utopie und zwar eine verantwortungslose.
Zur Eröffnung der Ausstellung Hunger im Überfluss im Rahmen der Veranstaltungsreihe Essen und Gesellschaft waren Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech und die Umweltaktivistin Hanna Poddig am Freitag, 17. Mai, im gut besuchten Bibliothekssaal der Uni Oldenburg zu Gast. Das Tischgespräch zur Ausstellungseröffnung stand unter dem Motto Wir haben's satt. Die Ausstellung zeigt im Foyer der Uni-Bibliothek noch bis Donnerstag, 27. Juni, auf 17 Schautafeln, was der Hunger in der Welt mit unserem Konsum vor Ort, mit Klimafragen, Fleischexporten und Bio-Treibstoffen zu tun hat.
Das Tischgespräch fand als Kooperation von der Akademie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, dem Bibliotheks- und Informationssystem der Carl von Ossietzky Universität und dem Ökumenischen Zentrum Oldenburg statt.
Man kann mehr selbst kochen, Abfälle vermeiden, sich etwas von zu Hause mitnehmen, statt Coffee-to-go im PET-Becher kaufen, antwortet Umweltökonom Niko Paech auf die Frage, wo jeder Einzelne beim Thema mehr Nachhaltigkeit ansetzen kann. Wir werden nie in einer Welt leben, in der wir den Kaffee im Ammerland anbauen, wir können aber immerhin fair gehandelten Kaffee kaufen. Und wir können selbst Beispiele liefern, die anderen Mut machen, oder auch subversive Projekte unterstützen, wie etwa das sogenannte Containern.
Viele Menschen fragen sich und mich was sie tun können, um nachhaltiger zu leben, sagt Hanna Poddig, die als Umweltaktivistin zum Umdenken anregen will. Sie selbst versucht, soweit möglich ohne Geld zu leben, und sie propagiert das Containern: Die 27-Jährige versorgt sich aus Abfallcontainern von Supermärkten mit Lebensmitteln. Eine Möglichkeit, die auch in Oldenburg praktiziert wird, wie am Freitag ein Kommentar aus dem Publikum zeigte.
Wenn ich Leute im Bio-Supermarkt beobachte, sehe ich ihnen oft an, dass sie denken: Hier ist alles toll, hier bin ich bei den Guten, so Poddig. Aber auch dort werde von weit her importiertes Obst und Gemüse verkauft. Man sollte öfter seinen eigenen Verstand einschalten, es gibt überall Ansatzpunkte für Kritik, findet Hanna Poddig.
Der Nachhaltigkeitsforscher Paech, der an der Uni Oldenburg lehrt, ging besonders auf das Thema Verantwortung ein: Die Nahrungsmittelindustrie unterteilt ihre Produktion, um die Kosten zu senken, in so viele kleine Einheiten an verschiedenen Produktionsstätten, dass diese Abläufe keiner von uns durchschauen kann. Das ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Sein Vorschlag: Sparsam, regional und saisonal konsumieren oder auch mal gar nicht.
Die Ausstellung Hunger im Überfluss wird im Rahmen der Veranstaltungsreihe Essen und Gesellschaft gezeigt. Die Ausstellung führt uns die Welt der Nahrungsmittelindustrie mit ihren Produktionsbedingungen vor Augen, erklärte Brigitte Gläser, Pfarrerin und Leiterin der Akademie der oldenburgischen Kirche, welche die Reihe mit organisiert hat. Es geht um unser Essverhalten hier vor Ort und um die globalen Zusammenhänge. Wir wollen uns als Christinnen und Christen öffentlich mit dem Thema auseinandersetzen und berufen uns dabei auch auf die Bibel, auf den Akt des Teilens, auf das liturgische Abendmahl sowie auf das Motto des zurückliegenden Kirchtages Soviel du brauchst', so Gläser.
Ein Beitrag von Antje Wilken.
Kooperationspartner der Veranstaltungsreihe Essen und Gesellschaft sind die Akademie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, die Klima-Allianz Oldenburg, MISEREOR, die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, das Bibliotheks- und Informationssystem der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, das Ökumenische Zentrum Oldenburg, das Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik sowie das Cine k.
Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe Essen und Gesellschaft finden Sie unter: www.akademie-oldenburg.de und bei der Akademie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Haareneschstraße 60, 26121 Oldenburg, Telefon 0441 / 7701 431.
Der nächste Termin der Veranstaltungsreihe Essen und Gesellschaft stellt die Themen Abendmahl und Familien-Mahlzeit in den Mittelpunkt:
Jugendliche lieben Fastfood und essen am liebsten vorm Bildschirm von Fernseher oder Computer? Wie junge Leute wirklich gern essen, weiß Prof. Eva Barlösius, Soziologin aus Hannover. Sie hat zum Thema geforscht und erklärt bei einem Symposium am Sonnabend, 1. Juni, im Vortrag Beieinander sein, zusammensitzen, wie Jugendliche sich die ideale Familienmahlzeit vorstellen.
Eva Barlösius Diskussionspartnerin ist Andrea Bieler, Professorin für Praktische Theologie aus Wuppertal. Sie wirft Fragen zum christlichen Abendmahl auf: Was bedeutet das Abendmahl heute? Was bekommen wir dabei, das wir zum Leben brauchen? Und was macht den Unterschied aus, wenn man ein Mahl gemeinsam, statt einsam einnimmt?
Die Veranstaltungen im Überblick:
Die Wanderausstellung Hunger im Überfluss (Konzeption: Bündnis FAIRhandel(n), Aachen) zeigt im Foyer der Uni-Bibliothek noch bis Donnerstag, 27. Juni, das Ausmaß und die Ursachen der Hungerproblematik in der Welt und stellt kreative Lösungen vor.
Eintritt frei, Montag bis Freitag 8 bis 24 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr
Beim Symposium Essen und Gesellschaft am Sonnabend, 1. Juni, 11 bis 16 Uhr, diskutieren die Professorinnen Eva Barlösius und Andrea Bieler im Bibliothekssaal der Uni Oldenburg über Familienmahlzeit und Abendmahl.
Im Rahmen einer Filmreihe in Kooperation mit dem Cine k in der Kulturetage werden der japanische Kultfilm Tampopo (Montag, 27. Mai, 20 Uhr), die deutsch-amerikanische Koproduktion Oma und Bella (Sonntag, 2. Juni, 11 Uhr) sowie die französische Dokumentation Die Zukunft pflanzen (Montag, 3. Juni, 20 Uhr) gezeigt.