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Der Oldenburger Bischof Jan Janssen hat davor gewarnt, die Berichterstattung über den Nahen und Mittleren Osten zu stark auf die Gräueltaten der Terrormiliz «Islamischer Staat» zu verengen. Der starre Blick westlicher Medien auf diese Attacken verzerre das Bild über die komplexe Lage in der Region und erschwere zudem den interreligiösen Dialog vor Ort, sagte der evangelische Theologe am Freitag, 6. März, nach einem Besuch im Libanon in Hannover.

 

Vertreter aller Glaubensrichtungen hätten ihm ihren Wunsch nach hintergründigeren Berichten vorgetragen: «Sagt weiter, wie es uns wirklich geht und was wir alles tun.» So unterhielten zum Beispiel viele muslimische und christliche Kirchen freundschaftliche und partnerschaftliche Beziehungen untereinander. Der Westen blende oft aus, dass viele Religionen vom IS-Terror betroffen seien, sagte Janssen. Noch engagierten sie sich gemeinsam gegen den Terror. «Durch die einseitige Berichterstattung müssen christliche Kirchen aber fürchten, ihre Gesprächspartner zu verlieren.»

 

Der Libanon habe mit seinen rund fünf Millionen Einwohnern zurzeit knapp 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. «Angesichts dieser Dimensionen schämte ich mich, dort zugeben zu müssen, dass es bei uns Menschen gibt, die sagen, 200.000 Flüchtlinge in der Bundesrepublik sind genug», sagte Janssen. In seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland hatte der Bischof für vier Tage die libanesische Hauptstadt Beirut besucht und sich mit Vertretern der dortigen Kirchen getroffen.
 
Beeindruckt habe ihn das Selbstverständnis der Kirchen vor Ort. Sie sähen es als ihre dringendsten Aufgaben an, interreligiöse Dialoge weiterhin zu fördern, für Bildung zu sorgen und langfristig den Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft zu unterstützen. Viele Gesprächspartner hätten ihm signalisiert, dass sie sich neben der humanitären Hilfe vor allem für diese Aufbauarbeit mehr Unterstützung der internationalen Gemeinschaft wünschten.

 

Dem Kirchenrat im Mittleren Osten gehören Janssen zufolge 27 Kirchen an, die etwa 10 bis 15 Millionen Christen in der Region vertreten. Noch vor 20 Jahren sei dort die Verfolgung von Menschen wegen ihres Glaubens ein sehr seltenes Thema gewesen. Heute gebe es in den Ursprungsländern des Christentums ganze Landstriche, in denen keine Christen mehr lebten. Auch viele Muslime, Jesiden und Angehörige anderer Religionen hätten durch den «Islamischen Staat» ihre Heimat verloren.

 

Ein Beitrag des epd Bremen-Niedersachsen.

 

Internet
Middle East Council of Churches: www.mecc.org
Evangelisches Missionswerk in Deutschland: www.emw-d.de

Bischof Janssen trifft in Beirut mit Seiner Heiligkeit Aram I. Keshishian, Katholikos der Armenisch-Apostolischen Kirche zusammen. Foto: EMW/Owe Boersma
Bischof Janssen trifft in Beirut mit Seiner Heiligkeit Aram I. Keshishian, Katholikos der Armenisch-Apostolischen Kirche zusammen. Foto: EMW/Owe Boersma