Bremen (epd). Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat die evangelische Kirche für die hohe Zahl an Kirchenasylen im kleinsten Bundesland verantwortlich gemacht. Die nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehr als 200 registrierten Fälle seit Jahresbeginn hätten ihn überrascht, sagte der Senator am Mittwoch in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde vor der Bremischen Bürgerschaft, dem Landesparlament: «Es sind die evangelischen Kirchengemeinden, die diese Entwicklung letztlich getragen haben.»
Mäurer kündigte für die kommende Woche Gespräche mit der Kirche an. In der Hansestadt gibt es Streit, nachdem die Polizei in der vergangenen Woche versucht hatte, ein Kirchenasyl zu beenden.
Der Innensenator mahnte in der Debatte zur Besonnenheit. Der Staat und die beiden großen Kirchen arbeiteten seit vielen Jahren in Bremen in Flüchtlingsfragen eng und vertrauensvoll zusammen. Seit 16 Jahren gebe es eine gemeinsame Härtefallkommission, mit der sehr vielen Menschen geholfen worden sei: «Unter dem Radar und ohne Medien.» Die Bedeutung des Kirchenasyls stelle er nicht infrage. Nötig sei aber ein «vernünftiges Verfahren». Es helfe dem Kirchenasyl nicht, wenn 200 Verfahren in Bremen geführt würden. Das seien zehn Prozent der bundesweiten Kirchenasyle. «Das ist eindeutig zu viel.»
Abgeordnete der Linken und der Grünen, die in Bremen zusammen mit der SPD die Regierung bilden, kritisierten heftig den nicht mit ihnen abgestimmten Versuch, ein Kirchenasyl in einer «Nacht-und-Nebel-Aktion» zu beenden. Die Fraktionschefin der Linken, Sofia Leonidakis, betonte, die versuchte Räumung «ist nicht im Namen der Linken geschehen». Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Henrike Müller ergänzte, auch ihre Partei lehne die Abschiebung aus dem Kirchenasyl ab. Sie erwarte vom Koalitionspartner, dass keine weiteren Kirchenasyl gebrochen werden.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Imhoff unterstrich, dass seine Partei zum Kirchenasyl stehe. Jedoch müssten die 2015 zwischen dem Bamf und den Kirchen vereinbarten Absprachen eingehalten werden. Niemand, auch nicht die Kirchen, stünden außerhalb der staatlichen Ordnung.
Der SPD-Abgeordnete Kevin Lenkeit kritisierte, das Kirchenasyl werde zu oft genutzt, um das Dublin-Verfahren zu unterlaufen, nach dem derjenige EU-Staat für Flüchtlinge zuständig ist, in den sie zuerst eingereist sind: «Es ist jetzt an der Zeit, das Kirchenasyl kritisch zu hinterfragen. So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.» Es wäre «katastrophal», sollte das Bamf die Dossierregelung für Bremen kündigen, «weil Akteure hier Schabernack mit dieser Regelung getrieben haben.»
Der Abgeordnete Marcel Schröder (FDP) stellte das Kirchenasyl grundsätzlich infrage. Es stamme aus den Anfängen des Christentums, als es noch keine Rechtsstaatlichkeit gegeben habe. Heute gebe es dagegen den Rechtsstaat und Gerichte, um gegen mögliche Fehler des Rechtsstaates zu klagen. Daher gebe es «keinen Grund für das Kirchenasyl».