Inklusion heißt Zugehörigkeit, die anderen gibt es nicht mehr, sie sind Teil des Ganzen. So ist es im Konzept der inklusiven Pädagogik nachzulesen, das die Mitarbeitenden des ev.-luth. Christus-Kindergartens in Wilhelmshaven jetzt vorgelegt haben. Die Einrichtung ist die erste Kindertagesstätte im Bereich der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, die sich intensiv mit dem Thema Inklusion befasst hat und nun dazu auch ein eigenes Konzept erarbeitet hat. Darauf ist das Team mit Recht stolz.
Die Leiterin des Christus-Kindergartens, Sabine Wistuba, stellte das Konzept jetzt gemeinsam mit Pastor Bernhard Busemann, Ingeborg Pohl als Beauftragte für die Kindergartenarbeit der oldenburgischen Kirche und Christel Schneider vom Gemeindekirchenrat, außerdem mit ihren Kollegen Simone Ahlers-Lührs, Barbara Schwarz, Elke Bratzke und Julian Jendrilek vor. In der fröhlich-bunt gestalteten Broschüre werden knapp und prägnant der Leitfaden zur täglichen Arbeit und die Grundlagen zur inklusiven Arbeit erläutert.
Die UN-Konvention, die seit dem Jahr 2009 die Teilhabe aller Menschen, auch der Menschen mit Behinderungen, an allen Angeboten oder Möglichkeiten fordert, bildet die gesetzliche Grundlage. Doch Inklusion habe eigentlich nichts mit Gesetzen oder Regelungen zu tun, ist sich Sabine Wistuba sicher. Inklusion beginnt im Kopf, Inklusion ist eine innere Haltung, sagt sie. Die Leiterin des Christus-Kindergartens in Wilhelmshaven und ihre rund 15 pädagogischen Mitarbeitenden haben diese Veränderung in den vergangenen Monaten durchlaufen, der Prozess kam vor rund drei Jahren in Gang. Damals wurde den Fachkräften immer deutlicher, dass es bei vielen Kindern einen erhöhten Betreuungsbedarf gebe.
Die UN-Konvention gab einen weiteren Ausschlag, denn auch für die Kirchengemeinde war seitdem klar, dass hier eine neue Aufgabe liegt. Dabei ist Inklusion ohnehin ein grundlegend christliches Thema, denn jeder Mensch ist in seiner Einzigartigkeit ein Teil des Ganzen, sagte Busemann.
Pohl erklärte, sie habe zunächst die theoretischen Grundlagen erarbeitet. Als Mitarbeitende des Christus-Kindergartens die Initiative ergriffen und ihr Interesse an der Weiterentwicklung des Kindergartens erklärten, sei hier eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit entstanden, bei der sie viel von den praktischen Erfahrungen habe lernen können. Der Prozess, der damit in Gang kam, sei mit dem Konzept aber nicht abgeschlossen, es sei aber ein erster Meilenstein erreicht.
Anfangs habe man viele Schwierigkeiten gesehen und es seien auch Ängste entstanden. Mittlerweile habe sich das völlig aufgelöst. Wir stellen alle fest, dass wir heute viel entspannter arbeiten, unsere Arbeit ist sogar harmonischer geworden, sagt Elke Bratzke.
Inklusion gilt im Christus-Kindergarten heute nicht nur in Bezug auf Behinderungen, sondern umfassend. Wer bei Inklusion nur an Rollstuhl oder geistige Defizite denkt, der hat viel zu kurz gegriffen, so Jendrilek.
In der evangelischen Kindertagesstätte mit 115 Kindern haben mehr als 60 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund, entsprechen häufig gibt es einen Förderbedarf bei der Sprache. Der Anteil an Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten nehme zudem deutlich zu, sagte Barbara Schwarz, die schon seit Jahrzehnten in der Einrichtung tätig ist. Weitere Herausforderungen sind unter anderem die vielen unterschiedlichen Kulturkreise, denen die Kinder entstammen.
Wenn die Mitarbeitenden über ihre Arbeit berichten, ist ihre Begeisterung und Überzeugung zu spüren. Sie empfänden das inklusive Arbeiten als deutliche Entspannung, betonen sie immer wieder. Jedes Kind könne nun bei allem dabei sein und vor allem: die spezielle Förderung für einzelne Kinder finde im gewohnten Kreis der Freundinnen und Freunde statt, niemand müsse mehr den Kindergarten verlassen, um in anderen Einrichtungen bestimmte Förderungen zu erhalten.
Heute passiert das, indem Fachkräfte ins Haus kommen. Wünschenswert wären allerdings fest angestellte Kräfte, die zum ständigen Team gehören. Wir haben schon wesentlich bessere Bedingungen, als es in den Schulen der Fall ist. Wenn wir aber die Kinder optimal fördern wollen, brauchen wir noch bessere Rahmenbedingungen, so Sabine Wistuba.
Ein Beitrag von Annette Kellin.