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Er freue sich, dass die Kirchbaustiftung, die alltäglich im Verborgenen arbeite, mit diesem Festakt auch einmal Flagge zeigen dürfe, so Lucke, der sich mit einem Dank an den Bischof wandte: „Es ist nicht nur Ihr Amt, sondern auch Ihr Herz, das für die Kirchbaustiftung schlägt.“ Das stellte Janssen sogleich unter Beweis, als er von den „wunderbaren Dorfkirchen, aufgerichtet aus Granit- und Backsteinen“, schwärmte. „Unsere Kirchen sind Pforten des Himmels“, sagte er. „Wo, wenn nicht hier in diesem Land zwischen Moor und Marsch, wird klar, dass der Himmel schon längst die Erde berührt?“

Seit 2001 engagiert sich die Kirchbaustiftung für den Erhalt der Gotteshäuser und ihrer zum Teil wertvollen Einrichtung. „Wir sind gut aufgestellt – die Mannschaft, die ich hier vertreten darf, ist wirklich hervorragend“, blickte Lucke positiv in die Zukunft.

 

Mit einem unantastbaren Stiftungskapital von ursprünglich 2,5 Millionen DM (rund 1,3 Millionen Euro) war die Stiftung 2001 gestartet und investiert seither Spenden und Zinsen in die Renovierung von Kirchen im Oldenburger Land – gerade in der derzeitigen Niedrigzinsphase kein einfaches Unterfangen, wie Lucke betonte. „Wir sind wie ein Schiff, das langsam startet und irgendwann Fahrt aufnehmen wird“, sagte er. Inzwischen betrage das Stiftungskapital 1,4 Millionen Euro.

„Das einzigartige Erbe unserer Kultur muss erhalten bleiben“, stellte Wolfram Friedrichs heraus. „Hier wird die Geschichte unseres Glaubens sichtbar erzählt.“ 29 Projekte habe die Kirchbaustiftung bisher unterstützt und dabei rund 450.000 Euro investiert. Das Geld, so machte der Oberkirchenrat deutlich, komme der Region zugute, man bemühe sich, nach Möglichkeit auch ortsansässige Handwerksfirmen zu engagieren. „So bleibt die Kirche sozusagen im Dorf.“

Die EKD-Beauftragte Petra Bahr schließlich ermunterte die Gäste zu einem Experiment: „Stellen Sie sich vor, unsere Welt wäre ohne Christentum bis ins 21. Jahrhundert geschlittert.“ Für manche Menschen, machte sie deutlich, sei das Christentum ausschließlich Geschichte. Wenn der christliche Glaube mit seinen Symbolen aber nur noch Hieroglyphen seien statt einer lebendigen Sprache der Gegenwart, würden „die wunderbaren alten Kirchen zu blinden Spiegeln, ihre Zeichen und Gesten werden nicht mehr als lebendiger Reflex unserer Lebenswelt erfahren.“ Kirchenkultur aber sei mehr als Geschichte, weil sie immer in unsere Lebenswirklichkeit hineinrage. „Natürlich kann dieses Gedankenexperiment – zweitausend Jahre unserer Kultur ohne eine Spur von Christentum – nicht funktionieren“, machte die Theologin deutlich.

„Eines wird schnell klar: Das Christentum ist, wenn man so will, die Tiefenimprägnierung unserer Kultur.“ Es habe die Sozialgeschichte, die Geistesgeschichte, Religionsgeschichte und natürlich die Machtgeschichte der vergangenen Jahrhunderte geprägt. Auch die Geschichte der Künste sei unwiderruflich vom Christentum beeinflusst, so Bahr. „Kirchen sind Häuser der Geschichte, die uns sinnlich vor Augen führen, wie Menschen vor uns gelebt, geglaubt und gezweifelt haben. Sie sind niemals clean, sondern vollgestopft mit Erfahrungen.“

Auch die beidseitige Entfremdung von Kirche und Menschen sei hier abzulesen: „Die Kirchen haben irgendwann im 19. Jahrhundert aufgehört, die Kunst ihrer Zeit in die heiligen Räume zu lassen.“ In der Kirche, bedauerte sie, herrschten oft große Berührungsängste gegenüber den Künsten der Gegenwart. Dabei liege „hinter den Spannungen und Provokationen eine versteckte Bündnispartnerschaft, die den Menschen zum Thema hat.“ Kunst und Glaube seien mehr als nur nützlich und machten eines zum Thema: dass der Mensch mehr sei als nur das, was sich rechnet. „Und was gäbe es Besseres, als Menschen mit sich selbst zu konfrontieren, ihnen neue Perspektiven zu eröffnen und die eingefahrenen Gedankenmuster zu durchkreuzen?“, so Bahr.

 

Deshalb plädierte die Theologin dafür, dass die Gegenwart des Christentums in Kunst und Kultur den Menschen etwas bedeuten müsse. „Sonst gibt es über unsere Gegenwart in zehn Jahren wirklich nicht mehr zu sagen, als dass es sich um eine Umbruchzeit in ein nachchristliches Zeitalter handelte.“ Und gerade hier setze die Kirchbaustiftung mit ihren beiden Gegenpole an: „Sie macht Geschichte sichtbar, aber sie bleibt nicht in der Geschichte stecken.“

 

Die Kirchbaustiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg wurde am 31. Oktober 2001 gegründet. Seit dieser Zeit hilft sie den Gemeinden im Oldenburger Land, die Kirchen mit ihrer architektonischen Vielfalt und ihrem Reichtum an wertvollen Ausstattungsstücken zu bewahren und weiterzuentwickeln. Die Vielfalt an Kirchenarchitektur in Norddeutschland – insbesondere im Oldenburger Land – ist riesig. Allein zum Bereich der oldenburgischen Kirche gehören 147 Kirchen mit einem beeindruckenden Reichtum an kunsthistorisch bedeutender Ausstattung wie Kanzeln, Altären, Taufsteinen und Orgeln aller Stilepochen.

Laut ihrer Satzung ist die Kirchbaustiftung eine gemeinnützige und kirchliche Stiftung. Sie trägt zur Pflege, Unterhaltung und Veränderung von Kirchengebäuden einschließlich ihrer Ausstattung wie Altären, Kanzeln, Taufsteinen, Orgeln und Glocken bei. Hinzu kommen Aufgaben beim Neubau oder bei der Erweiterung von Kirchen sowie die Förderung zeitgenössischer kirchlicher Kunst – beispielsweise bei der künstlerisch gestalteten Verglasung von Fenstern oder der Schaffung neuer Altarbilder.

Die Kirchbaustiftung stellt regionale Bezüge her, sämtliche Spenden-, Förder- und Stiftungsgelder werden für Maßnahmen im Oldenburger Land verwendet. Sie wirkt in außerordentlichem Maße identitätsstiftend. Weiterhin unterstützt die Kirchbaustiftung das ehrenamtliche Engagement. Sie engagiert sich insbesondere bei Projekten, in denen Kirchengemeinden oder Kirchbauvereine vor Ort aktiv sind.

Der Auftakt für die Jubiläumsveranstaltungen wurde am 26. August in der St.-Cosmas- und Damian-Kirche in Wiarden bei Wilhelmshaven gefeiert. Dort wurden 2004 bei Restaurierungsarbeiten Teile eines Altars aus dem 13. Jahrhundert entdeckt, der in der Wissenschaft als Sensationsfund gewertet wurde. Anfang September stand die Kanzel der St. Galluskirche in Altenesch im Mittelpunkt der zweiten Veranstaltung, Taufe war das Thema der dritten Veranstaltung Mitte September in der St.-Firminus-Kirche in Dötlingen. Es folgen weitere Veranstaltungen in Oldenburg und Wiefelstede. Die Abschlussveranstaltung bildet ein Gottesdienst mit Kreispfarrer Michael Braun am 30. Oktober in Damme. 

Weitere Informationen zur Kirchbaustiftung finden Sie unter: www.kirchbaustiftung-oldenburg.de

Festakt zum zehnjährigen Bestehen der Kirchbaustiftung der oldenburgischen Kirche in der St. Lamberti-Kirche (von li. nach re.): Bischof Jan Janssen, Oberkirchenrat Wolfram Friedrichs, Dr. Petra Bahr, Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Horst-Günter Lucke, Vorstandsvorsitzender der Kirchbaustiftung, und Professorin Dr. Antje Sander, Leiterin des Schlossmuseums Jever und stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Kirchbaustiftung. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Die Gegenwart des Christentums in Kunst und Kultur muss den Menschen etwas bedeuten, forderte Dr. Petra Bahr, Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Bischof Jan Janssen. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Horst-Günter Lucke, Vorstandsvorsitzender der Kirchbaustiftung. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Oberkirchenrat Wolfram Friedrichs. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Der lebensgroße Kruzifixus stammt noch aus der mittelalterlichen Lambertikirche. Seit 2009 markiert der die Stelle, an welcher der gotische Hochaltar zu vermuten ist. Foto: ELKiO
Im Gespräch: Bischof Jan Janssen und Dr. Petra Bahr. Foto: ELKiO/R. Hennings