Der Reformationstag war im Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven Anlass, in der Reihe Reformations- und Erinnerungskultur, die im Zusammenhang mit der Lutherdekade verschiedene Aspekte der Reformation aufgreift, einen Blick zurück zu werfen. In der Banter Kirche referierte Professor Dr. Rolf Schäfer im Rahmen einer Andacht über die Ereignisse in dieser Kirchengemeinde im Jahr 1917 anlässlich des 400-jährigen Reformationsjubiläums.
Begrüßt wurden die Besucher vom örtlichen Pfarrer Frank Moritz, der auch die Andacht hielt. Mittelpunkt war hier ein Bericht Luthers selber mit einem Rückblick auf den Augenblick der reformatorischen Erkenntnis: Der Gerechte lebt allein aus dem Glauben. Kreispfarrer Christian Scheuer führte kurz in die Thematik des Reformationsjubiläums kurz vor dem Ende des ersten Weltkriegs ein. Auch heute, auf dem Weg zum 500-jährigen Reformationsjubiläum stelle sich die Frage nach dem Beziehungsgeflecht zwischen Reformation, Macht und Politik. Was macht die Kirche der Reformation empfänglich für eine Instrumentalisierung durch politische Machthaber?, fragte Scheuer.
Professor Dr. Schäfer hinterfragte die geschichtlichen Ereignisse im Jahr 1517 in Wittenberg, unternahm mit den Zuhörern eine rund einstündige Reise durch die Geschichte in der Folge der Reformation und ging auf verschiedene Aspekte der Reformation in unterschiedlichen Zeiten ein. Grundsätzlich gelte die Frage, wofür die Reformation stehe: Für Trost oder für Freiheit oder für beides? Schäfer räumte mit dem Fakt des Thesenanschlags auf. Die Wissenschaft stelle den Thesenanschlag in Frage, denn es gebe dafür keinerlei Zeugen. Möglicherweise habe es auch nur einen vertraulichen Brief Luthers an einen Kirchenoberen gegeben. Gleichwohl habe es bereits 100 Jahre später eine Jubiläumsfeier gegeben, der weitere Jubiläen folgten. Die protestantische Kirche habe dabei jeweils das Thema in den Mittelpunkt gerückt, das die Gesellschaft und die Gemeinden besonders berührte.
Im Jahr 1917 sei immer noch von der Reckengestalt Martin Luthers die Rede gewesen, gleichwohl sei betont worden, dass nicht er sondern Gott zu verherrlichen sei. Die Kräfte der Reformation sollten in den Kirchen bewusst gemacht werden, um den Heimsuchungen der Zeit besser begegnen zu können, so war es von der zentralen Behörde der evangelischen Kirche, die damals in Berlin saß, ausgegeben worden. In der Banter Gemeinde habe es zum Ausgang des Krieges zum Reformationsjubiläum keine Durchhalteparolen mehr gegeben, das Entscheidende aber sei das Gottvertrauen in jeder Lebenslage, so sei es damals gepredigt worden, erklärte Schäfer. Im Detail berichtete er über umfangreiche Veranstaltungen und eine Vortragsreihe zum Reformationsjubiläum, in der unter anderem der damals noch junge Friedrich Gogarten referierte, später ein bekannter Theologe in Göttingen, der den sozialen Gedanken in Verbindung zur Reformation stellte.
Spannend werde es jetzt sein, welche Gedanken zu dieser Zeit in den Mittelpunkt des Reformationsjubiläums gestellt würden, sage Prof. Dr. Schäfer. In einer Zeit, in der Freiheit oft schon zur Orientierungslosigkeit und Rastlosigkeit werde, sollte der Fingerzeig auf Gott, der Ruhe schenke unbedingt Beachtung finden.
Annette Kellin