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„Herzlichen Willkommen zur Geburtstagsfeier!“ So begrüßte Pastor Dirk Jährig am Samstag, 24. August, die anwesenden Gläubigen beim Gottesdienst in der St.-Bartholomäus-Kirche in Golzwarden. Die zur Stadt Brake im Landkreis Wesermarsch gehörende Kirche feiert in diesem Jahr ihr 750-jähriges Bestehen. Es ist ein besonderer Geburtstag, der mit mehreren Aktionen im Laufe des Kirchenjahres gebührend begangen wird. Geweiht wurde die Kirche dem Apostel Bartholomäus, dessen Gedenktag der 24. August ist.

„Wäre es nicht spannend, wenn diese Steine reden könnten“, fragte Pastor Jährig die Gemeindeglieder und versuchte auf dem Gedenktag des Apostels Bartholomäus den Anfängen und Beweggründen der damaligen Zeit nachzuspüren.

Unterstützt wurde Pastor Jährig beim Festgottesdienst nicht nur von den Gemeindekirchenratsmitgliedern, auch sein Vorgänger Pastor Stephan Bohlen und dessen Frau Petra wirkten mit. Die Lieder wurden begleitet von Kreiskantor Gebhard von Hirschhausen, der auch den Braker Kirchenchor leitete.

In der Predigt zu Jesaja 52,7 blickte Pastor Jährig auf die beschwerlichen Anfänge der Kirche zurück, als die meisten Menschen zu Fuß zur acht Kilometer entfernten Kirche in Rodenkirchen marschieren mussten. Es war ein mühsamer und beschwerlicher Weg auf unbefestigten Kleiwegen, bei Wind und Wetter. Es sei mehr als Bequemlichkeit gewesen, das Kirchspiel Golzwarden im Jahre 1263 zu gründen. Die Menschen nahmen viele Mühen auf sich und bauten eine Kirche aus Stein. Damals habe die Kirche Schutz vor Fluten, vor Angriffen der Bremer, aber auch Schutz und Geborgenheir mit Gott geboten.

 

Jährig sprach vom Vorzimmer zu Gottes Herrlichkeit. Die stolzen Golzwarder hätten vor 750 Jahren ein sichtbares Zeichen für Gottes Botschaft errichtet, das die Menschen bis heute fasziniere. Bartholomäus sei ein seltener Name für eine Kirche, da über den Apostel nur wenig bekannt sei. Er habe in Armenien und Indien gewirkt und sei schließlich vom armenischen König zu Tode gefoltert worden, berichtete Jährig. Bartholomäus sei für seinen Glauben gestorben.

Wie bei jedem Geburtstag gab es natürlich auch bei diesem außergewöhnlichen Jubiläum einige Präsente. Bereits vor einigen Monaten entstand bei den Bibeltagen in Zusammenarbeit mit Kindern ein Lied, welches Gebhard von Hirschhausen vertonte. Es bezieht sich direkt auf die 750 Jahre alte St.-Bartholmäus-Kirche und wurde beim Festgottesdienst zum zweiten Mal vorgtragen. Eine bunte Girlande hatten die Kinder der Golzwarder Grundschule gebastlet und sie über dem Eingangsportla platziert.

 

Von Pastor Bohlen gab es eine große Sonneblume und von der ehemaligen Pastorin Anke Stalling wurde ein Brief verlesen. Sie wohnt derzeit in Portugal und konnte an der Feier nicht teilnehmen. Mit dem Brief, den Petra Bohlen verlas, wurde Pastor Jährig auch ein Flasche portugisischer Rotwein und eine landestypische Kachel überreicht.

 

Draußen im Pfarrgarten unter einem Pavillon wartete die von den Gemeindegliedern gebackene Geburtstagtorte mit dem Abbild der St.-Bartholomäus-Kirche auf ihren Anschnitt. Zudem stellte der Künstler Ulrich Thul seine Bilderreihe aus vier farbig gedruckten Linolschnitten mit Kirchenmotiven vor.

Auch die Geburtstagsnudeln, die Kugelschreiber und Luftballons zeigten die Kirchensilhouette. Passend zum Jubiläum konnte auch ein neuer 40-seitiger Kirchenführer herausgegeben werden, worüber sich Pastor Jährig besonders freute.


Jubiläumsjahr

Im Jubiläumsjahr sind weitere besondere Gottesdienste in Vorbereitung. Zum Reformationstag wird Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker (Oldenburg) erwartet. Und zum 1. Advent wird das Kirchenjahr ökumenisch eröffnet durch Bischof Jan Janssen (Oldenburg) und Weihbischof Heinrich Timmerevers (Vechta).

Auch musikalisch wird es noch besondere Konzerte geben. Im November wird das Niedersächsische Akkordeonorchester „accollage“ klassische Stücke spielen. Für Dezember ist ein Weihnachtskonzert der Gruppe „Godewind“ geplant.

Zur Geschichte der St.-Bartholomäus-Kirche:
Die Golzwarder Kirche wurde erstmalig im Dezember 1263 als „selbstständiges Kirchspiel“ in der Gründungsurkunde vom Bremer Domprobst erwähnt und die Gläubigen mussten nicht mehr zur acht Kilometer entfernten Kirche in Rodenkirchen fahren. Die St.-Bartholomäus-Kirche steht auf einer Dorfwurt etwa vier Meter über Normalnull. Sie hat ein spätromanisches Langhaus aus dem 13. Jahrhundert und einen gotischen Chorraum aus dem 15. Jahrhundert.  

Im 14. und 15. Jahrhundert erbauten die friesischen Dorfhäuptlinge aus Golzwarden und Schmalenfleth einen mächtigen Wehrturm an der Westseite sowie einen Wall und Wassergraben. Auf diese Weise diente das Gotteshaus auch als Zufluchtsort, sowohl bei Sturmfluten als auch bei feindlichen Angriffen der Bremer. Die Menschen an der Unterweser lebten damals auch von der Seeräuberei, was die Bremer Handelsleute sehr ärgerte.

Nach der Unterwerfung von Stadland und Butjadingen 1514 durch die Oldenburger Grafschaft wurde der Wehrturm nicht mehr als Verteidigungsschanze benutzt und abgeschliffen. Aus Teilen seiner Steine und Friedhofsmauern der umliegenden Kirchen wurde in Ovelgönne dann die Zwingburg erbaut, um das eroberte Gebiet zu sichern. Die Reste des Wehrturmes wurden später 1514 verwendet, um den heutigen schiefen Glockenturm zu errichten. Seine Ostseite ruht auf dem Fundament des Wehrturmes.

Nach der Reformation im Jahr 1517 wurde der Flügelaltar mit Passionsdarstellungen in der Kirche errichtet. Um 1527 folgte der erste evangelische Pastor mit Namen Pleo in Golzwarden. 1538 wurde die kleine Glocke „Maria“ von einem Beutezug aus Edewecht mitgebracht. Seit 1619 gibt es ein Kirchengestühl, bis dahin standen die Gläubigen während des Gottesdienstes.

 

1633 wurde der Taufstein von Ludwig Münstermann umgearbeitet, ein Jahr später die Westempore für die Orgel errichtet. Sie wurde schließlich 1635 von der Lambertikirche in Oldenburg gekauft und ersetzte das kleine Poitiv gegenüber der Kanzel. 1640 wurde eine neue Kanzel von Vogt Siabbe Hodders und seiner Frau gestiftet, die von Bildhauer Onno Dircksen aus Tossens gefertigt worden war.

1648 wurde der später berühmte Orgelbauer Arp Schnitger in Schmalenfleth geboren und in der St.-Bartholomäus-Kirche getauft. 170 Orgeln baute Arp Schnitger neu und erweiterte sie. Heute sind noch rund 30 Orgeln überwiegend im norddeutschen Raum und in den nördlichen Niederlanden Raum erhalten. Die in dieser St. Bartholomäus-Kirche befindliche barocke Orgel wurde nicht von Schnitger gebaut, aber von ihm 1697/98 umfangreich instandgesetzt.

Von 1698 bis 1700 wurde die Nordempore mit Herrenstuhl erbaut. Ein Jahr später stiftete das Ehepaar Mohrmann aus Ovelgönne einen Altar. Seit 1711 trägt das Dach einen Reiter mit der Uhrglocke, die 1663 von Claudi Gage aus Bremen gegossen wurde.


Bei der schweren „Weihnachtsflut“ im Jahre 1717 ragte die Kirche wie eine Insel aus dem Wasser und bot Hunderten Zuflucht. Dennoch ertranken viele Menschen in den Fluten. 1750 wurde die große Glocke gegossen. 1892 wurden die vier Terracottafiguren des Bartholomäus, Matthäus, Johannes und Paulus an der Südwand aufgestellt.

1912 leistete sich die Kirchengemeinde eine neue Orgel. 1913 wurden farbige Jugendstilfenster im Chorraum von Glasmaler Georg Rhode aus Bremen anlässlich des 650-jährigen Bestehens angebracht. 1963 ergaben Ausgrabungen in der Kirche, dass es ursprünglich wahrscheinlich eine halbrunde Apsis gegeben hat. Der Chorraum stammt aus dem 15. Jahrhundert und beschreibt fünf Seiten eines Achteckes.   

 

Ein Beitrag von Beatrix Schulte.

Der Braker Kirchenchor und Organist Kreiskantor Gebhard von Hirschhausen gestalteten den musiklaischen Teil des Festgottesdienstes.
Mitglieder des Kirchenrates und der ehemalige Pastor Stephan Bohlen unterstützten Pastor Jährig bei den Fürbitten.
Über dem Eingangsportal sorgte die von Golszwarder Grundschülern gebastelte Girlande für einen Farbakzent.
Pastor Dirk Jährig schnitt im Beisein seines Vorgängers Stephan Bohlen die von den Gemeindegliedern gebackene Geburtstagstorte mit der Silhouette der St.-Bartholomäus-Kirche an.Fotos: Beatrix Schulte