Göttingen (epd). Der Göttinger Volkskundler Professor Roman Loimeier will neue Strömungen in der islamischen Welt untersuchen, die Religion und Glauben als Privatangelegenheit betrachten. Der eingeengte Blick auf die Bedrohung durch Islamisten habe zur Folge, dass gegenläufige Entwicklungen vom Senegal bis nach Indonesien bisher kaum wahrgenommen würden, teilte die Universität Göttingen am Montag mit. Loimeier habe aus Geldern des Europäischen Forschungsrates einen Zuschlag für 2,5 Millionen Euro erhalten, um seine Untersuchung in den nächsten fünf Jahren zu finanzieren.
In vielen Ländern Afrikas, Westasiens und Südostasiens haben sich laut Loimeier soziale und religiöse Bewegungen entwickelt, die die Deutungshoheit islamistischer Gruppierungen im öffentlichen Raum bestreiten. Diese neuen sozialen Stimmen und Bewegungen bestünden darauf, dass Glaube Privatsache sei. Das Forschungsprojekt werde sich mit sozialen und muslimischen Gruppen beschäftigen, die sich gegen eine politische und gesellschaftliche Instrumentalisierung des Islams stellen.
Der Wissenschaftler will den Angaben zufolge entsprechende Entwicklungen im Senegal, in Tunesien und Ägypten, im Libanon, dem Iran sowie in Pakistan untersuchen. Seine Ergebnisse sollen dabei helfen, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob durch solche Strömungen radikale islamistische Akteure an Bedeutung verlieren.
Loimeier lehrt seit 2009 als Professor für Ethnologie an der Universität Göttingen. Zuvor war er an der University of Florida in Gainesville sowie am Zentrum Moderner Orient in Berlin tätig.