Mit ihrem Glauben, ihren Traditionen und ihrer Gemeinschaft können Christinnen und Christen Antworten auf die Frage „Was gibt Halt?“ geben, sagte der Oldenburger evangelische Bischof Thomas Adomeit auf der zentralen Veranstaltung der christlichen Kirchen im Oldenburger Land zum Reformationstag. Mit ihnen können sie mutig nach vorne treten und „Licht der Welt sein und werden. Immer wieder neu“. Im Halt des Glaubens liege „die Kraft für eine authentische und glaubwürdige Haltung sowie ein menschenfreundliches und solidarisches Verhalten“, ergänzte Offizial und Weihbischof Wilfried Theising. „Unabhängig von konfessionellen Unterschieden gebe der christliche Glaube Halt. Glaubende wissen sich von der Liebe Gottes gehalten, durch Jesu Christi Auferstehen erlöst und das Wirken des Heiligen Geistes gestärkt und inspiriert.“ Die ökumenische Veranstaltung am Montagabend im Forum St. Peter und in der Forumskirche in Oldenburg stand in diesem Jahr unter dem Motto „Was gibt Halt?“. Sie stellte Fragen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den verschiedenen Konfessionen in den Mittelpunkt eines Podiumsgespräches.
Die Frage „Was gibt Halt?“ sei so alt wie die Menschheitsgeschichte, sagte Bischof Adomeit in seiner Andacht zum Reformationstag. Und diese Frage beschäftige die Menschen heute wieder umso mehr, weil „wir die Erfahrung gemacht haben, wie schnell sich Umstände ändern können. Ein Virus vom anderen Ende der Welt können wir nicht aufhalten. Ein Diktator stürzt die Welt mit seinem Vorgehen in Chaos. Mögliche Folgen des Klimawandels verängstigen Menschen in ihren Zukunftsperspektiven.“
Auch wenn heute der christliche Glaube nur eine Antwort unter vielen sei, sollten „wir mutig nach vorne treten und unsere Botschaft vertreten“, betonte Adomeit. So gebe es trotz aller konfessionellen Unterschieden sehr viele Gemeinsamkeiten, da die Wurzel des Glaubens die gleiche sei. „Gottes Wort, wie es uns das erste und das zweite Testament überliefert ist, verbindet uns. Wir berufen uns auf den einen Gott, in dem die Menschen seit Generationen Zuflucht und Schutz finden.“
Dabei können die unterschiedlichen Traditionen der christlichen Konfessionen ebenso Halt bieten, da auch die Menschen in ihrer Suche nach Halt unterschiedlich seien, so Adomeit weiter. „Gottesdienste, Sakramente, Seelsorge, Kirchenmusik und noch vieles mehr halten unsere Gemeinden bereit. Dass wir das unterschiedlich tun, zeigt den großen Reichtum christlichen Glaubens. Auf diese Weise kann Glaube für viele zum Anker werden.“
Gemeinschaft habe den christlichen Glauben von Anfang an geprägt, so Adomeit. „Tatkräftige Unterstützung, Trost, Zuspruch – das gibt Halt.“ Gerade in diesem Winter werde Gemeinschaft für viele wichtig werden. „Kirchengemeinden, Caritas, Diakonie und viele weitere Organisationen helfen Menschen, deren Existenz gefährdet ist. Und warum nicht auch mit anderen privat zusammenrücken? Dann muss nur einmal geheizt werden und ich bin sicher, daneben können wir unsere Sorgen teilen und werden am Ende froh nach Hause gehen.“
Die Andacht war eingebettet in ein Podiumsgespräch bei dem Pastor Klaus Abraham von der Evangelisch-methodistischen Gemeinde Oldenburg, Dechant Michael Bohne vom Katholischen Dekanat Oldenburg, Kreispfarrer Torsten Maes des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Oldenburg Stadt und Vikarin Christine Oppermann aus der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Loga in kurzen Statements über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den verschiedenen Konfessionen berichteten.
Statements der Podiumsdiskussion
„Die Reformation war eine Krise. So würde ich diese Phase der Kirchengeschichte beschreiben“, sagte Dechant Michael Bohne von der Kirchengemeinde St. Marien. Dennoch könne er aus katholischer Perspektive die Krise nicht nur negativ zu betrachten, „das wäre zu wenig“. „Ja, es gibt sie, die Trennung – schmerzlich.“ Aber die Krise habe auch „viel Gutes hervorgebracht“. Halt gebe ihm „die Gemeinschaft im Glauben, die ökumenisch noch viel größer ist als konfessionsgetrennt.“ Halt gebe „das Wort der Schrift, das uns verbindet und uns alle tagtäglich einlädt, neu darauf zu hören und es in und auf unsere Zeit hin zu deuten.“ Die Forderung die Kirche zu erneuern, katholisch wie ökumenisch, sei „nicht monolithisch und unbeweglich, aber hoffentlich haltgebend.“ Halt gebe schließlich „der gefeierte Glaube in Gottesdienst und Sakrament und in besonderer Weise durch die zentrale Aussage der Taufe: ‚Ich bin ein Kind Gottes – geliebt von Anfang an und für alle Zeit‘.“
„Mir ist wichtig“, sagte Kreispfarrer Torsten Maes, „dass Martin Luther nicht einfach nur seinen Mut zusammen genommen hat und gegen die damals schon hoch problematische kirchliche Hierarchie angestunken hat. Nein, er versuchte die Bibel, wie er sie verstand, zum Maßstab, für seinen Glauben an Jesus Christus zum Zentrum seines Denkens zu machen und damit ein Leben aus Gnade und Glauben zu führen. Buchstabiert jemand diese vier Fixpunkte durch, so wird der heute so gern erhobene Vorwurf der spirituellen Beliebigkeit gegen die christliche Gegenwart ins Leere laufen. Wir leben und glauben allein aus der Schrift, allein an Jesus Christus, allein aus Gnade und allein aus Glauben. Das ist hartes und süßes Brot.“
Auch die methodistische Bewegung sei durch die Reformation entscheidend geprägt worden, berichtete Pastor Klaus Abraham. Dazu zähle, dass gute Werke nicht zur Gerechtigkeit führen, aber der Glaube befreie und führe zu guten Werken. Auf die Frage, was Halt gebe, falle ihm drei Aspekte für seine Kirche ein, so Abraham weiter: „Das ist zum einen die Überschaubarkeit unserer Gemeinden. Man kennt sich und nimmt am Ergehen des anderen Anteil.“ Zum anderen gebe die gesungene Theologie dem Einzelnen Halt. Als drittes, „zentrales Element unserer Kirchenidentität“ sei die Hinwendung zu denen zu nennen, „die Hilfe benötigen.“ „Ich glaube“, so schloss Abraham, „dass dies in den Herausforderungen heute Halt gibt: Etwas tun zu können. Und andererseits Hilfe zu erfahren.“
Die Reformierte Kirche verstehe sich „als die nach Gottes Wort reformierte Kirche“ betonte, Vikarin Christine Oppermann aus Loga. „Ihren Gemeinden ist die Auseinandersetzung mit den biblischen Texten zentral und bleibende Aufgabe, was die Kirche beständig erneuert. Denn nur im Hören auf dieses Wort Gottes ist es den Gemeinden möglich, sich selbst und in die Welt hinein Orientierung zu geben. Auf den Schultern reformatorische Mütter und Väter will die Reformierte Kirche, das in der jeweiligen Zeit Notwendige bekennen und tun.“
Die christlichen Kirchen im Oldenburger Land hatten anlässlich des Reformationstages am 31. Oktober zum fünften Mal zu einer zentralen ökumenischen Veranstaltung eingeladen. Dieser ursprünglich evangelische Tag sei zu einem gemeinsamen Feiertag geworden, hob Bischof Thomas Adomeit hervor. In Niedersachsen steht der Reformationstag seit Einführung als neuer gesetzlicher Feiertag 2018 unter dem Motto: „Reformation neu feiern“.