Hannover (epd). Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen fordern Bund, Länder und Gemeinden dazu auf, in einer gemeinsamen «Kraftanstrengung» den Belastungen armutsgefährdeter Menschen durch die Inflation zu begegnen. In einem Positionspapier schlagen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Verbände unter anderem einen Energiepreis-Deckel sowie einen Notfallfonds vor. «Eine Mehrbelastung von mehreren hundert Euro im Monat werden viele Menschen in Niedersachsen allein nicht stemmen können», mahnte der DGB-Vorsitzende Mehrdad Payandeh am Freitag in Hannover.
Die zu erwartende Entwicklung bei den Energie- und Lebensmittelpreise sowie den Mieten werde hunderttausende Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen in eine finanzielle und existenzgefährdende Notlage führen, sagte er. Bund, Land und Gemeinden müssten gemeinsam «den drohenden sozialen Kollaps» abwenden. Nötig sei ein Notfallfonds des Landes, der die Menschen schnell und unbürokratisch unterstütze, wenn sie ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen könnten. Er sollte mit einer Milliarde Euro ausgestattet sein: «Wir dürfen in dieser schwierigen Zeit niemanden zurücklassen.»
Als Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege betonte Marco Brunotte von der Arbeiterwohlfahrt: «In unseren Beratungsstellen, Einrichtungen und Diensten erleben wir immer mehr Menschen, die ihr tägliches Leben nicht mehr bezahlen können.» Die Politik müsse handeln, damit das Vertrauen nicht verloren gehe.
Das Positionspapier regt unter anderem an, den Preis für den Grundverbrauch von Gas vorübergehend auf etwa 7,5 Cent pro Kilowattstunde zu deckeln. Ähnliche Regeln sollten für Öl und Strom gelten. Dafür solle sich die Landesregierung auf Bundesebene einsetzen.
Weiter sollte es nach den Vorschlägen einen Aufschub für Wohnungskündigungen und Energiesperren geben. Die Corona-Sonderregeln zur Kurzarbeit müssten über den September hinaus fortgesetzt werden, um Krisenfolgen für Unternehmen und Beschäftigte abzumildern.
Zudem sei es wichtig, die Grundsicherung schnell zu erhöhen. Die Armutsgefährdungsquote lag in Niedersachsen nach Angaben der Verbände bereits im letzten Jahr bei 16,8 Prozent. Es sei davon auszugehen, dass mindestens ein Viertel aller Haushalte durch die steigenden Preise überfordert werde.