Der Streit um die geplante Gasförderplattform am Randes des Weltnaturerbes Wattenmeer geht weiter. Das Oldenburger Verwaltungsgericht wirft der Genehmigungsbehörde vor, gesetzliche Prüfungen übergangen zu haben.
Oldenburg/Borkum (epd). Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat die Verlegung eines Seekabels zu einer geplanten Bohrplattform des Gaskonzerns One-Dyas nordwestlich vor Borkum vorerst untersagt. Das Gericht gab damit einem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Nach Ansicht des Gerichts wird sich die bisher erteilte wasserrechtliche Genehmigung bei «summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage» voraussichtlich als rechtswidrig erweisen.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Prozessbeteiligten, also der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und One-Dyas, können Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen, hieß es.
Die Verlegung zur Stromversorgung der umstrittenen Bohrplattform hätte laut One-Dyas bereits am Freitag beginnen sollen. Das Kabel sei eine notwendige Voraussetzung für den Betrieb der Anlage. Die Genehmigung der Bohrungen auf deutscher Seite durch das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) steht bislang noch aus.
Laut dem Oldenburger Gericht hatte der NLWKN im Oktober 2022 One-Dyas die Verlegung eines Seekabels vom Offshore-Windpark «Riffgat» vor Borkum zu der geplanten Plattform erlaubt. Weil dabei Eingriffe in Natur und Landschaft notwendig seien, habe der Landesbetrieb One-Dyas zu einem sogenannten Ersatzgeld verpflichtet.
In den folgenden Jahren wurde dem Gericht zufolge jedoch das mögliche Vorkommen von Biotopen des Typs «Steinige Riffe im Sublitoral» im Trassenbereich bekannt. Die Umwelthilfe habe darum im Juni dieses Jahres Widerspruch gegen die Genehmigung eingelegt, der am 19. Juli abschlägig beschieden wurde.
Am selben Tag erließ der NLWKN dem Gericht zufolge einen Änderungsbescheid und erhöhte die von der One-Dyas zu leistende Ersatzzahlung. Zudem habe der Landesbetrieb die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet. Außerdem sei dem Gas-Konzern eine naturschutzrechtliche Befreiung für die Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope erteilt worden. Auch diese Befreiungen sei für sofort vollziehbar erklärt worden. Der DUH habe gegen diese Bescheide Klage erhoben.
Nach Einschätzung des Verwaltungsgerichtes waren die Entscheidungen des NLWKN voraussichtlich rechtswidrig. Der Landesbetrieb habe die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen nicht eingehalten. Mit der unmittelbaren Kompensation durch ein Ersatzgeld seien zudem notwendige vorgelagerte Prüfungsschritte übergangen worden.
One-Dyas plant, in unmittelbarer Nähe zum Weltnaturerbe Wattenmeer rund 500 Meter hinter der deutschen Grenze auf niederländischem Gebiet zwischen den Inseln Schiermonnikoog und Borkum in die Tiefe zu bohren und Leitungen unter dem Meeresboden horizontal auf deutsches Territorium weiterzuführen.
Umweltschützer warnen seit Jahren vor den Gefahren der Gasförderung für das Weltnaturerbe. Meta Janssen-Kucz von Bündnis 90/Die Grünen im niedersächsischen Landtag begrüßte den Spruch des Gerichts: «Das Urteil muss der Anfang vom Ende der geplanten Erdgasbohrung vor Borkum sein.» «Fridays for Future» hat für diesen Sonnabend zu einer Demonstration auf Borkum aufgerufen.