Manche Dinge ändern sich wohl nie: Als das Richtfest für den Christus-Kindergarten in Wilhelmshaven im Juli 1964 begangen wurde, da warteten viele Eltern sehnsüchtig auf einen Betreuungsplatz für ihre Kinder. Und heute: „Wenn ich das Portal mit den offenen Betreuungswünschen aufrufe, sehe ich aktuell 478 Namen von Kindern, deren Eltern sich dringend einen Platz in einer Einrichtung wünschen“, sagt Sabine Wistuba, Leiterin des Christus-Kindergartens, in dem an diesem Sonntag, 16. Juni, das 60-jährige Bestehen gefeiert wird.
Erbaut wurde der Christus-Kindergarten auf den Grundmauern der ursprünglichen Christuskirche in der Adalbertstraße. Diese war dem Krieg zum Opfer gefallen, übrig blieb nur das Christusbild, das heute über dem Eingang der heutigen Christus- und Garnisonkirche hängt und Teile der Dachkonstruktion, die an die Banter Kirche gingen.
An dieser Stelle wurde ein großes Gemeindezentrum geplant, im ersten Bauabschnitt entstanden Büroräume, die heute noch genutzt werden. Im zweiten Bauabschnitt war der Kindergarten vorgesehen, zum dritten Abschnitt, der eigentlich weitere Räume vorsah, kam es dann aber nicht mehr. Als der Christus-Kindergarten im Herbst 1964 mit vier Gruppen und insgesamt 80 Kindern eröffnet wurde, war das für viele Eltern eine große Erleichterung. Damals herrschte Arbeitskräftemangel und in vielen Familien war es ohnehin schon nötig, dass beide Elternteile für das Einkommen sorgten. Dass etliche Kinder schon damals einen Ganztagsplatz hatten, lässt sich zwar aus den vorhandenen Unterlagen nicht recherchieren. Allerding lassen Fotos mit einer interessanten Konstruktion von Klappbetten – die heute so niemals eine Genehmigung erhalten würden – die Vermutung zu, dass viele Kinder längere Zeit im Kindergarten zubrachten.
Der Christuskindergarten wurde 1997 modernisiert und erweitert, es wurden dann 125 Kinder dort betreut. Heute sind es wieder weniger, 103 Kinder zwischen einem und sechs Jahren sind es aktuell. Bedingt ist das durch die Aufnahme von Kindern mit zusätzlichem Förderbedarf (Integrationsgruppen).
War es früher vorwiegend die reine Betreuung der Kinder, so steht heute mehr denn je die frühe Bildung und individuelle Förderung im Vordergrund. Wichtigster Faktor ist laut Sabine Wistube die Sprache. „Wir haben 50 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund. Das allein ist schon eine Herausforderung. Allerdings haben wir auch immer mehr deutsche Kinder, die Nachholbedarf bei der sprachlichen Entwicklung haben. Eine fatale Folge des Medienkonsums – denn Tablet, Handy und Co antworten eben nicht in dem Sinne, in dem Eltern es tun könnten und tun sollten“, sagt die Einrichtungsleiterin. Jede Situation nutzen, um mit dem Kind zu sprechen sei wichtig, im Christus-Kindergarten wird darüber hinaus schon länger mit gebärdenunterstützender Kommunikation gearbeitet. „Das brauchen viele der Kinder mit Migrationshintergrund aber auch viele deutsche Kinder mittlerweile. Sprache und Sprechen wird mehr und mehr zum Problem, daraus resultieren auch Probleme im sozialen Verhalten“, sagt die Fachfrau. Es gibt also weiterhin viel zu tun.
Und so wird gefeiert:
Zur Feier des 60-jährigen Bestehens findet um 12 Uhr ein Familien- und Dankgottesdienst in der Christus- und Garnisonkirche statt. Im Anschluss geht es mit einem Umzug in den Kindergarten, dort erwartet ein Zauberer die Kinder, Eltern, Großeltern und alle Interessierten. Außerdem gibt’s Stände und Stationen mit unterschiedlichsten Aktivitäten und Aktionen. Basteln und Bewegung, Essen und Trinken, es gibt ein „historisches Zimmer“ mit vielen Fotos und Dokumenten aus vergangenen Zeiten, die Feuerwehr und der Teddy-Krankenwagen sind vor Ort. Und Grußworte? Es soll lediglich eine kurze Begrüßung geben, alle Grußworte sollen schriftlich in einem Gästebuch notiert werden – so ist es kinderfreundlich und zudem bleiben die Worte erhalten.