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Rund 100 gesellschaftlich engagierte Christinnen und Christen folgten am Montagabend, 13. November,  der Einladung der Katholischen Akademie Stapelfeld und des Bischöflich Münsterschen Offizialates zum diesjährigen Martinsabend. Kurz nach Ende des großen Jubiläumsjahres zum Gedenken an die Reformation luden die Veranstalter den evangelischen Pastor Michael Braun ein. Der Kreispfarrer des Kirchenkreises Oldenburger Münsterland stellte in der katholischen Akademie zwei berühmte Martins, Martin Luther und St. Martin, Bischof von Tour, gegenüber.
  
Braun, ein Mitglied der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, zeigte sich ausdrücklich dankbar für die guten Begegnungen, für die ausgestreckte Hand und das insgesamt große Zeichen, das die katholische Kirche im Lutherjahr gesetzt habe.
  
Braun, der als gebürtiger Oldenburger gänzlich ohne St. Martin und das dazugehörige Brauchtum groß geworden war, präsentierte unterhaltsam und mit Tiefgang viele Parallelen zwischen dem Mantelteiler und dem Reformator und Bibelübersetzer. Als erstes habe er dabei an Buße gedacht. Der Soldat Martin habe sich vermutlich intensiv der Frage gestellt, ob er würdig sei, als Christ zu leben. Nach der Militärzeit habe dieser bewusst das Leben als asketischer Mönch gewählt. Auch für Luther sei Buße tägliche Christenpflicht gewesen. Der Begriff „Buße“ sei heute aus dem Wortschatz verschwunden, meinte Braun. „Sind wir so schamhaft, dass wir keine Sünde mehr beichten und keinen kritischen Gedanken gegen uns zulassen?“, fragte er. Die beiden Martins machten Braun Mut, das Wort Buße zu entstauben.
  
„Ich gebe, was ich habe“, darin waren sich beide Martins einig. Sie teilten ihr Hab und Gut, erzählte er. Braun stellte fest, dass er persönlich Hunger nicht mehr kenne und dass viele Menschen wohlhabend seien. „Und doch wollen wir immer mehr, aber warum eigentlich“, wollte Braun wissen und sprach über Produktionseffizienz, Staatsanleihen, Zinspolitik und Kapitalismus. „Was ist vom christlichen Ideal von Armut und Bescheidenheit übrig geblieben?“, fragte er. Es erscheine ihm sinnvoll, die Ethik der Produktion zu hinterfragen, wo Reichtum so charmant und Armut so schamhaft geworden sei, mahnte der Pfarrer an. „Was heißt teilen in einer globalen Welt?“, fragte er eindringlich.
  
Braun stellte in Frage, ob Religion wirklich intime Privatsache sei. Bei ihm wachse das Gefühl, dass die Gesellschaft kaum noch etwas über ihren Glauben wisse und ihn deshalb verstecke. Seine These unterstützte Braun mit einem kleinen Quiz über die Anzahl der Sakramente und der Perlen am Rosenkranz. Er wünsche sich Christen, die sagen, was sie gut finden. Es sei sehr wichtig, mit Menschen – auch anderer Überzeugungen – über den Glauben in Gespräch zu kommen. „Wäre das nicht mal wieder dran? Ein offenes, fröhliches, streitlustiges Christentum?“, erkundigte sich der Referent, einfach weil es wichtig sei, die eigene Perspektive in den Diskurs einzubringen. Er wünsche sich ein Christentum, dass sich so wenig wie die beiden Martins hinter Klostermauern versteckt, „sondern Gottes Wort selbstverständlich lebt und aus Gottes Nähe Liebe wirkt“, motivierte er.  „Der Heilige Martin und Martin Luther haben mit ganzer Kraft und voller Überzeugung für die Sache Gottes gestritten.“ Solche Martins wünsche er sich in der heutigen Zeit deutlich mehr, schloss Braun.

Johannes Hörnemann

„Wie viele Perlen hat denn der Rosenkranz“, fragte Kreispfarrer Braun und bekam viele unterschiedliche Antworten.
Kreispfarrer Michael Braun sprach über Verbindendes zwischen den Leben von St. Martin und Martin Luther. Fotos: Offizialat/Hörnemann