Das Eindecken eines Gasttisches ist ein üblicherweise Bestandteil der Esskultur und zugleich Etikette einer jeglichen Kultur. Wie sich solche „Festtafeln“ im übertragenen Sinne auf religiöse Feiern inhaltlich und je nach Glaubensausrichtung darstellen, damit beschäftigte sich die Arbeitsstelle Religionspädagogik der Ev.-luth. Kirche in Oldenburg beim „Treffpunkt ar-party: interreligiös“.
Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen erläuterten im Hause der Arbeitsstelle an der Haareneschstraße 58 in Oldenburg wie sich religiöse Feiertrage am Beispiel der Bahai, Jesiden und Christen unterscheiden. Dazu standen die Türen zum zweiten Treffpunkt für Lehrer, Studenten, Ehrenamtliche und an der religionspädagogischen Arbeit Interessierten am Freitagnachmittag offen.
Für Svea Bruns, Anita Havermann, Wiebke Saathoff, Felix Husmann und Constanze Sachsenheimer, war die informative Veranstaltung ein Grund aus Wilhelmshaven anzureisen. Alle fünf sind Referendare und Teilnehmer im Studium-Seminar. „Das ist eine gute Möglichkeit, sich über die vorhandenen religionspädagogischen Lehrmittel zu informieren“, waren sich die Referendare einig. Zugleich fanden sie die Einblick in die Festtafeln anderer Religion als sehr interessant.
Während Matthias Hempel die Festtafel Konfirmation gespickt mit Ideen und Tipps für die Familienfeier, aber auch Kleiderfragen und Konfirmationssprüche, bis hin zu Taufe und Glaubensbekenntnisse erklärte und Arbeitsstellenleiterin Kerstin Hochartz die Festtafel Abendmahl mit vorhandenem Material und Darstellungsmöglichkeiten wie Puppen und Symbolik in einem Schaubild aufgebaut hatte, verharrten viele Besucher im Raum „Festtafel Bahai“.
Etwa 30 Mitglieder umfasst die Gemeinde in Oldenburg, die hier seit rund 50 Jahren besteht. Dr. Birgit und Hossein Panahi stellten die verschiedenen Feste und Glaubensansätze dar. Es gebe neun Feiertage im Laufe des Jahres, die gefeiert würden. „Unsere Tradition ist erst 200 Jahre alt, anders als bei den Christen“, stellten die beiden Gemeindevertreter heraus. Die Religon stammt aus dem Iran.
Gefeiert werde die Geburt des Glaubensstifters, Baha’u’llahs (1817-1892), der die Menschheit als Einheit sieht. „Die Erde ist nur ein Land, und alle Menschen sind seine Bürger“. Festtafeln finden sich damit auch eher in der Einheit der Gemeinde. Der Eintritt in die Glaubensgemeinschaft kann ab einem Alter von 15 Jahren durch Erklärung erfolgen. Das werde oft im Stillen gefeiert, wie beim Sohn der Familie Panahi oder mit großer Familienfeier und Festtafel wie bei der Tochter. „Das bleibt jedem selbst überlassen“, so die Eltern.
Ilyas Yanc ist der Zweite Vorsitzende der Jesidischen Gemeinde Oldenburg. Feiertage ist u. a. das Neujahrsfest Carschemsa Sor auch „Roter Mittwoch“ genannt, das am ersten Mittwoch im April nach dem gregorianischen Kalender begangenen wird. Nach dem jesidischen Glauben wurde Tausi Melek an diesem Tag von Gott auf die Erde herab gesandt, mit dem Auftrag, das alte Jahr zu verabschieden und das neue Jahr einzuleiten. Zur Festtafel gehört es die Häuser mit Blumen, Pflanzen und farbigen Eiern zu schmücken. Besondere Speisen werden zubereitet. Ein Fest, das eng mit der Natur verbunden ist. Landwirte gehen auf ihre Felder und verzehren dort das Brot namens Sawuk. Prozessionen werden im Heiligtum Scheich Adis (Lalischa Nurani) abgehalten.
Weitere Feste sind u. a. „Vierzig Tage im Sommer und Vierzig Tage im Winter“, das Versammlungsfest oder Jumayah Sheikh Adi. „Für uns ist jeder der 365 Tage im Jahr ein Fest“, so Ilyas Yanc. Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis 2000 Jahre vor Christus in die Zeit des Mithraismuses zurückreichen. Dahinter steht ein eigenständiger Glaube, der nur mit der Geburt erworben werden kann. Geglaubt wird an einen allmächtigen Gott und die sieben Engel, von denen Tausi Melek als Oberhaupt der Engel eine besondere Rolle spielt.
Es gab viel über die Glaubensausrichtung an diesem Nachmittag zu erfahren. Dabei zeigte sich, dass Festtafeln im herkömmlichen wie Konfirmationen als Familienfeste weniger gefeiert werden. Es sind die größeren gemeinschaftlichen Treffen und Themen, die die Gläubigen zusammenrufen.
Nach dem zweiten „Treffpunkt arp“ in der Arbeitsstelle für Religionspädagogik stand in einem Gottesdienst im Anschluss die Verabschiedung von Heike Ennen-Hansing im Mittelpunkt. Seit 1982 war sie Leiterin der Medienstelle. Nun geht sie in den vorgezogenen Ruhestand. Über drei Jahrzehnte prägte sie die Medienstelle, meisterte immer wieder neue Herausforderungen und wahr ein Verlasspunkt mit Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden. „Ihre überaus hohe Beratungskompetenz wurde von Generationen von Religionspädagoginnen und -pädagogen in Universität, Schule und Gemeinde geschätzt“, so Pfarrerin und Leiterin der Arbeitsstelle für Religionspädagogik, Kerstin Hochartz.
Peter Kratzmann