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Die meisten Senioren, die Leni Irps im Alten- und Pflegeheim Mühlengrund besucht, sind jünger als sie: Trotz ihrer 98 Jahre engagiert sich die Metjendorferin noch regelmäßig im Besuchsdienst der Kirchengemeinde. Für sie keine Frage des Alters, sondern der Tatkraft – und davon hat die quirlige alte Dame noch eine Menge.

„Leni Irps mit ihrer fröhlichen Art ist ein wahrer Schatz für die Gemeinde“, sagt Pastor Jann-Hendryk Weinrich. Und ein Energiebündel noch dazu. Wer Leni Irps sieht, mag kaum glauben, dass sie schon fast ein ganzes Jahrhundert erlebt hat. Die große Frau hält sich gerade, das Gesicht ist von Lachfältchen durchzogen. Keine Frage – in 98 Jahren hat sich auch manche Sorgenfalte eingeschlichen, aber langes Klagen und Grübeln ist Leni Irps‘ Sache nicht.

„Denn man tau“ ist so etwas wie ihr Lebensmotto, die plattdeutsche Aufforderung, loszulegen, weiterzumachen, nach vorn zu schauen statt zurück. Sie ist eine Frau, die anpackt. Und das war immer mal wieder notwendig in einem langen, bewegten Leben, das auch von einem tiefen Gottvertrauen geprägt ist. „Der Glaube hilft durch schwere Zeiten“, sagt sie ernst, bevor wieder das vergnügte Funkeln in ihre Augen zurückkehrt. „Denn man tau“, meint sie auffordernd, lehnt sich zurück und wartet auf die Fragen der Journalistin.

Mit dem Butjenter Platt ist sie aufgewachsen, damals, als Bauerntochter in Esenshamm. Von dort heiratete sie auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie ihres Mannes in Schwei, arbeitete hart auf dem Hof, zog vier Kinder groß. In den 1960er Jahren gab das Ehepaar Irps die Landwirtschaft in der Wesermarsch auf und baute das Haus in Metjendorf, in dem Leni Irps bis heute lebt. Ein Neuanfang, der für die damals 52-Jährige verbunden war mit einem beruflichen Neustart: Sie ließ sich zur Schwesternhelferin ausbilden, radelte jahrelang die rund acht Kilometer von Metjendorf bis zum Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg. Ob die gute Versorgung der Tiere auf dem Hof, die Fürsorge für die Kinder oder nun für die Kranken – „Pflege war für mich immer etwas besonders Schönes“, sagt sie.

Und so passt es ins Bild, dass sie 1995 zu den ersten Ehrenamtlichen gehörte, als der Besuchsdienst in Metjendorf ins Leben gerufen wurde. Leni Irps war damals 80 Jahre alt – ein Alter, in dem andere sich entspannt zurücklehnen. Doch zu viel Ruhe scheint nicht erstrebenswert zu sein für die energiegeladene alte Dame. Noch immer bedauert sie, dass sie das Radfahren aufgegeben hat – vor drei Jahren! – und dass sie nicht mehr so schnell zu Fuß ist. Ihren Garten, rund 1.800 Quadratmeter, pflegt sie noch selbst. „Das ist mein Gesundbrunnen“, ist sie überzeugt. Und während sie sich an den prachtvollen Rhododendronblüten erfreut, steigt sie mühelos über die gut kniehohe Buchsbaumhecke, die, einem Bauerngarten gleich, üppige Blumenbeete an beiden Seiten eines schnurgeraden Kiesweges einrahmt.

Wenn sie die älteren Menschen im Seniorenheim besucht, die nicht mehr bei so guter Gesundheit sind wie sie selbst, werde ihr immer wieder klar, dass sie großes Glück habe, betont sie. Dabei ist sie als kleines Mädchen dem Tod von der Schippe gesprungen – nachhaltig, wie es scheint. „Damals hatte ich eine schlimme Blinddarmentzündung“, erinnert sie sich. „In letzter Minute hat mich mein Vater mit dem Pferdewagen ins Krankenhaus gebracht. Wochenlang habe ich dort gelegen, konnte danach noch lange nicht in der Schule mitturnen und toben. Das musste ich alles nachholen“, erzählt sie lachend.

Vier Kinder, neun Enkel, 18 Urenkel – wenn Leni Irps selbst Geburtstag hat, braucht sie keinen Besuchsdienst, dann ist das Haus voller Familie. Auch wenn es dann manchmal etwas unruhig wird, genießt sie diese Momente. „Ich kann gut allein sein, aber ich habe auch sehr gern Besuch – und das zum Glück ziemlich häufig“, sagt sie.

Anke Brockmeyer

„Der Garten ist mein Gesundbrunnen“, ist die 98-jährige Leni Irps überzeugt. Foto: Anke Brockmeyer
„Der Garten ist mein Gesundbrunnen“, ist die 98-jährige Leni Irps überzeugt. Foto: Anke Brockmeyer