Wallenhorst/Kr. Osnabrück (epd). Das Team des Vereins "Sorgentelefon für landwirtschaftliche Familien" will die Generationen auf den Höfen wieder ins Gespräch bringen. "Bei Streit und Problemen sollten die Familien möglichst frühzeitig über das Sorgentelefon unsere Familienberatung in Anspruch nehmen", sagte der Geschäftsführer des Sorgentelefons, Ludger Rolfes, in Wallenhorst bei Osnabrück. Die Landwirte hätten ein schwieriges Jahr hinter sich. Die wirtschaftliche Not auf vielen Höfen sei so groß, dass familiäre Probleme, etwa die Hofnachfolge, einfach unterdrückt und verdrängt werden. "Aber diese Konflikte werden die Familien wieder einholen, und dann kann es schwierig werden."
Die schlechten Preise für Agrarprodukte und vor allem der seit Jahren viel zu geringe Milchpreis hätten viele Betriebe an ihre wirtschaftlichen Grenzen getrieben. In den Beratungsgesprächen am Sorgentelefon oder den Hofbesuchen der Familienberater zeigten sich immer wieder existenzielle Nöte, sagte Rolfes. "Unsere Familienberaterinnen und -berater beschreiben die Lage als hochgradig depressiv." Einige Bauern könnten das Futter für die Tiere nicht mehr zahlen, andere dächten sogar über einen Suizid nach. "Und trotzdem konnten wir in diesem Jahr nur 30 neue Familien in die Beratung aufnehmen."
"Eine unserer Aufgaben ist es, den Leuten klar zu machen, dass sie nicht verantwortlich für die schlechten Marktpreise sind", sagte Rolfes. Viele gäben sich selbst die Schuld an ihrer Situation. Die Furcht, nach vielen Generationen den familieneigenen Hof zu verlieren, sei gewaltig und belaste die Menschen. "Niemand will der letzte Bauer in der Familie sein."
Ein anderes großes Problem auf den Höfen sei die Frage der Übergabe an die nächste Generation: Dort lebten und arbeiteten zwei, manchmal drei Generationen, unter einem Dach. "Da können Konflikte nicht ausbleiben", erläuterte Rolfes. Gerade zwischen Vätern und Söhnen komme es vermehrt zu unausgesprochenen Kontroversen. "Die Alten wollen den Hof nicht abgeben, weil sie den Kontrollverlust fürchten. Und die Jungen sind hoch qualifiziert und wollen lieber heute als morgen den Betrieb umstrukturieren und investieren." Nicht selten sprächen die Männer über Jahre nur das absolut Notwendigste miteinander.
"Wir holen die Generationen wortwörtlich zurück an einen Tisch und bringen sie dazu, wieder miteinander zu reden", sagte Rolfes. Dabei könne es auch laut werden. "Aber diese Familien wollen ja etwas verändern, sonst hätten sie uns nicht angerufen." Die Familienberater kämen für jeweils anderthalb Stunden auf den Hof. "In der Regel ist dann nach vier bis sieben Sitzungen eine Lösung gefunden."
Info
An folgenden Standorten ist das Landwirtschaftliche Sorgentelefon vertreten:
Evangelische Heimvolkshochschule Rastede: 04402 84488
Katholische LandvolkHochschule Oesede: 05401 866820
Bildungs- und Tagungszentrum Ostheide, HVHS Barendorf: 04137 812540
Das Sorgentelefon ist und montags, mittwochs und freitags von 8.30 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 19.30 bis 22 Uhr besetzt. In diesem Jahr ist das Sorgentelefon zusätzlich am Heiligabend von 19.30 bis 22 Uhr besetzt.
www.sorgentelefon-landwirtschaft.de
www.laendliche-familienberatung.de