Die Stärkung des synodalen Elements in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) war das Hauptanliegen der zweiten Begegnungstagung evangelischer Synodaler von 30. Januar bis zum 1. Februar in Budapest. 94 Vertreter von 49 kirchenleitenden Gremien aus 23 europäischen Ländern fanden sich auf Einladung der protestantischen Kirchen Ungarns und unter Federführung der Evangelischen Kirche im Rheinland zusammen, um über den Einfluss des Protestantismus in Europa zu diskutieren. Die Kirchen hatten Repräsentanten hochkarätiger Ämter, darunter zahlreiche Synodenpräsides, entsandt. An dem Treffen nahm auch die Präsidentin der 48. Synode der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Sabine Blütchen, teil. Der weitaus größte Teil der Teilnehmenden waren keine Theologen.
Gemeinsam auf dem Weg so der Titel der Schlusserklärung des Treffens fühlten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Synoden in ihrem Bemühen, evangelische Grundanliegen in die Gesellschaft eines zusammenwachsenden Europas einzubringen. Sie erörterten Fragen von Bildung, Wirtschaft und Finanzen, Politik, Weltverantwortung, Familie und Generationen, Medizin und Soziales sowie Kultur. Die Ergebnisse flossen in die Abschlusserklärung ein. Das Statement beschreibt die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der protestantischen Kirchen und ihre Rolle bei der Gestaltung eines geeinten Europas.
Nach der Vorstellung der Synodalen bleiben die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat, Diakonie und Bildung zentrale Aufgaben der Kirchen. Die Weitergabe von Glaubensinhalten und christlichen Werten an kommende Generationen ist in ihren Augen eine wichtige Bestimmung von Bildungsangeboten an alle Altersgruppen. Dafür müsse eine Sprache gefunden werden, die auch Menschen erreicht, die der Kirche fern stehen. Die Synoden der Mitgliedskirchen wurden ermutigt, Möglichkeiten des Dialogs mit anderen Konfessionen und Religionen zu schaffen. Am Beispiel der Flüchtlingsproblematik wurde die Verpflichtung der Kirchen deutlich gemacht, gegen Unrecht und Verletzungen der Menschenwürde aufzustehen und in ethischen Fragen wie etwa zum Anfang und Ende des Lebens deutlich Stellung zu beziehen und damit gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Die Vielfalt der protestantischen Kirchen wird von den Synodalen als Reichtum wahrgenommen. Lebhaften Ausdruck fand der Wunsch nach einer europäischen Synode, auch wenn bisher nicht von einer breiten Mehrheit für ein solches gesamteuropäisches Gremium gesprochen werden kann. Einig war man sich darin, regelmäßige Treffen der Synodalen in der Arbeit der GEKE festzuschreiben. Ein wesentlicher Auftrag der Gemeinschaft ist es in den Augen der Synodalen, eine gemeinsame Haltung der protestantischen Kirchen gegenüber den europäischen Einrichtungen zum Ausdruck zu bringen. Je mehr ein vereintes Europa an Bedeutung gewinnt, desto wichtiger wird eine starke Stimme der evangelischen Kirche gegenüber den politischen Institutionen, betonte Helmut Schwerdtfeger, nebenamtliches Mitglied der rheinischen Kirchenleitung.
Die Initialzündung zum Treffen von Synodalen aus den europäischen Kirchen gab die erste Konferenz von Vertretern der kirchlichen Leitungsgremien vor drei Jahren in Bad Boll. Die Idee, die so genannten Laien stärker für das Anliegen einer europäischen evangelischen Kirchengemeinschaft zu interessieren, fand jetzt in der Folgetagung ein überwältigendes Echo. Es dokumentierte sich nicht nur in der Zahl der Kirchen, die Delegierte hierhin entsandten, sondern auch in den positiven Kommentaren zum Verlauf der Konferenz. So verstand es sich vor selbst, dass die Reihe der Begegnung mit einem weiteren Treffen in drei Jahren in der Schweiz fortgesetzt werden soll.
Viel mehr als ein gemütliches Beisammensein und Meinungsaustausch war die Tagung in den Augen von Pfarrerin Dr. Susanne Bei der Wieden, stellvertretende Präses der Kirchensynode der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau. Die Wahrnehmung der unterschiedlichen Stimmungen und Gefühle ist für sie ein wichtiger Schritt zur Festigung der Kirchengemeinschaft. Seine anfängliche Skepsis gegenüber einem institutionalisierten Treffen der weltlichen Synodenmitglieder bekannte Henri Franck, Präsident der Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz. Er hat seine Ansicht inzwischen geändert und meint: Es gibt uns die Chance, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken und zu sehen, dass wir fast alle die gleichen Probleme haben. Der Prozess zur Bildung einer europäischen Kirchengemeinschaft müsse sich stärker auf der Ebene der Laien festmachen. Der Gedanke kann mit viel Herz aus den Synoden heraus in die Kirchen getragen werden.
Für ihren Enthusiasmus und ihr Engagement lobte Dr. Klara Tarr, Geschäftsführende Präsidentin der GEKE und Ökumenereferentin der Ungarischen Lutherischen Kirche, die Synodalen. Sie hob hervor, die hochkarätige Tagung habe einen würdigen Rahmen gefunden, in den die Traditionen der drei protestantischen Landeskirchen eingegangen seien. Dieses Element griff auch Balasz Odor, zuständig für die Ökumene in der Ungarischen Reformierten Kirche, auf. Das Treffen hat das Selbstbewusstsein der Synodalen gestärkt, meint er. Sie fühlen sich ernst genommen und das tut den Laien-Mitgliedern der ungarischen Synoden besonders gut.
Die Gemeinschaft will seit 40 Jahren in der Mitte der europäischen protestantischen Kirchen sein, unterstrich Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Leiterin der Ökumene-Abteilung der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Blick auf die GEKE. Sie erinnerte die Teilnehmenden an ihre Rolle als Entscheidungsträger in ihren Kirchen und ermutigte sie, die GEKE stärker in ihren Synoden zu verankern. Viel Freude, so versicherte Barbara Rudolph, habe die Vorbereitung der Tagung zusammen mit der Reformierten und der Lutherischen sowie der Methodistischen Kirche Ungarns gemacht. Sie dankte den ungarischen protestantischen Kirchen für ihre Gastfreundschaft und dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund für die Einladung zum nächsten Treffen der Synodalen.
Ein Beitrag von Marion Unger
Hier finden Sie den Wortlaut der Schlusserklärung des Treffens mit dem Titel: <media 27252>Gemeinsam auf dem Weg</media> im Format PDF.