Zum Hauptinhalt springen

Osnabrück (epd). Wahlentscheidungen werden nach Ansicht des Philosophen Rainer Mühlhoff massiv durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in den Sozialen Medien beeinflusst. Die «von KI befeuerte mediale Logik stachelt Ressentiments an und führt zu einer gesellschaftlichen Polarisierung, die sich sehr gut im politischen Wahlverhalten widerspiegelt», sagte der Professor für Ethik der Künstlichen Intelligenz an der Universität Osnabrück im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Mühlhoff zufolge werde ein Großteil des Wahlkampfes heute in den Sozialen Medien geführt. Alle Parteien machten dort Werbung für sich. «Die extremistischen Parteien, wie die AfD, sind dabei besonders weit voran.» Ein besonderer Fall sei die Plattform TikTok, die bei der Gruppe der unter 20-Jährigen eine sehr große Rolle spiele. Die AfD habe es «seit Jahren am besten raus, diese Plattform für sich zu nutzen.»

KI entscheide, welche Inhalte und welche Wahlwerbung Nutzer online sähen. Dabei mache ein KI-Algorithmus eine Abschätzung über die Persönlichkeit und die politischen Einstellungen und zeige die Werbung an, die vermeintlich dazu passe. Auf diese Weise sähen Nutzer nicht mehr die Vielfalt der politischen Stimmen und Positionen, die für das Funktionieren einer Demokratie entscheidend seien. «Der Diskurs wird unsachlich, emotional und reißerisch, da es auf Inhalte nicht mehr ankommt, sondern nur auf das Erhaschen von 'Likes' und Empörung.»

Mühlhoff warnte vor der Beeinflussung und Manipulation durch externe Akteure. So sei bekannt geworden, dass zum Beispiel Russland in großem Stil über die Sozialen Medien Wahlbeeinflussung betreibe. Mühlhoff zufolge werden tausende maschinell betriebene Accounts, sogenannte Bots, auf einer Plattform angelegt, die dann Falschinformationen oder Schmutzkampagnen gegen ausgewählte Politiker verbreiteten.

KI-Bots in Sozialen Medien könnten Themen setzen, Falschnachrichten verbreiten und auf diese Weise auf dem Maßstab ganzer Bevölkerungen Diskursmanipulation betreiben. «Die Demokratie setzt immer voraus, dass es einen mehr oder weniger von allen prinzipiell nachvollziehbaren Leitdiskurs in der Gesellschaft gibt, der eine Pluralität von Stimmen und Positionen abdeckt», sagte Mühlhoff. Dieses Grundprinzip werde von den Sozialen Medien unterlaufen.