Im Rahmen des 500. Jubiläums der Reformation hatte der Ev.-luth. Kirchenkreis Wesermarsch am Sonntag, 2. April, zu einer Festveranstaltung in die St.-Matthäus-Kirche nach Esenshamm geladen. Anlass der Veranstaltung war der 443. Todestag von Edo Boling, der als Pfarrer zehn Jahre nach dem Thesenanschlag von Wittenberg in Esenshamm die Reformation einführte.
Landrat Thomas Brückmann betonte zu Beginn der Veranstaltung die Bedeutung der Reformation für den gesellschaftlichen Wandel im ausgehenden Mittelalter. Die Reformation habe die Bildung breiter Bevölkerungskreise vorangetrieben. Dadurch sei ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich geworden und es seien immer mehr Freiheitsrechte errungen worden. Landrat Brückmann wies darauf hin, dass der Landkreis Bildung bis heute als eine seiner vordringlichen Aufgaben sehe. Sie lege heute noch den Grundstein für die Teilhabe möglichst breiter Bevölkerungsteile am gesellschaftlichen Leben.
Bischof Jan Janssen legte seinem geistlichen Wort den Evangeliumstext des Tages zugrunde: Zwei Jünger bitten Jesus, ihnen im Himmelreich doch die Vorzugsplätze zu seiner Rechten und zu seiner Linken zu reservieren. Jesus weist diesen Wunsch nach geistlicher oder weltlicher Vormachtstellung weit von sich. Dieser Text passe zur reformatorischen Bewegung, die, so Janssen, nicht aus den Zentren der Macht, sondern von ihren Rändern her gewachsen sei. Wittenberg stehe dafür ebenso wie Esenshamm. Weiterhin zeige der Text: Es gehe vielmehr um eine Haltung des Dienstes. Bischof Janssen betonte seine Dankbarkeit für die gute Ökumene in Oldenburg: Von uns fühlt sich niemand „auf dem Siegertreppchen der Geschichte.“
Im Mittelpunkt der Festveranstaltung stand der Vortrag von OKR i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer. Er gilt als ausgewiesener Kenner der oldenburgischen Kirchengeschichte. Schäfer führte den Zuhörenden vor Augen, was überhaupt an historischen Fakten über Edo Boling belegt ist. Schon über die Schaffenszeit Bolings in Esenshamm kursieren unterschiedliche Daten. Nach eigenem Quellenstudium geht Schäfer davon aus, dass Edo Boling 1521 seinen Dienst als „Vikar“ in Esenshamm begonnen hat und mit der Zeit dort zum Pfarrer aufstieg. Mit der reformatorischen Predigt habe er 1527 begonnen. Dabei sei er von Martin Luthers 1526 erschienener Schrift „Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes“ inspiriert gewesen.
In der Messe sei von da an in Niederdeutsch gelesen worden und die vier Nebenaltäre in der Esenshammer Kirche seien nicht mehr bedient worden. Diese Veränderungen stießen auf Widerstand bei Teilen der Bevölkerung, nicht zuletzt, weil sie sich um den Ablass von Fegefeuerstrafen für ihre Angehörigen betrogen fühlten. Auch mit gräflicher Unterstützung setzten sich die Änderungen durch, und Edo Boling wirkte bis zu seinem Tod am 2. April 1574 in Esenshamm. Schriftlich hat er nur die Inschrift seines Grabsteins hinterlassen, der bis heute in der Esenshammer Kirche zu sehen ist.
Neben den Wortbeiträgen wurde die Festveranstaltung von anspruchsvoller Musik geprägt. Unter der Leitung von Kreiskantor Gebhard von Hirschhausen präsentierten sowohl das Kantorensextet Wesermarsch/Delmenhorst wie auch das Vokalensemble Wesermarsch Musik aus sechs Jahrhunderten. Den Abschluss bildete das Stück „Noch nicht ganz“: Zu einem Text von Bischof Janssen über das Hohelied der Liebe hatte Gebhard von Hirschhausen eine neue Melodie komponiert.
Im Anschluss lud Kreispfarrer Jens Möllmann die Gäste zum Empfang in das benachbarte Gemeindehaus ein.
Ein Beitrag von Pfarrer Dietmar Reumann-Claßen, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit des Ev.-luth. Kirchenkreises Wesermarsch.