„Die Rechten sind mit uns längst in einen Dialog getreten. Wir müssen nun entscheiden, wie wir darauf reagieren wollen.“ Daniel-Pascal Zorn ließ in seinem Vortrag keinen Zweifel, dass es nicht mehr um die Frage geht, ob wir mir Rechten reden wollen, sondern nur um das Wie, „denn jeder Einzelne von uns ist bereits Teil des Diskurses“.
Daniel-Pascal Zorn, Mitautor des auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse meistdiskutierte Buch „mit Rechten reden – ein Leitfaden“ war auf Einladung des Kirchenkreises, der Diakonie und des Evangelische Bildungswerkes Ammerland ins Evangelische Haus in Westerstede gekommen, um wissenschaftlich, aber auch mit vielen Anekdoten, rund 50 Besucherinnen und Besuchern zu erläutern, wie das geht, mit Rechten zu reden.
Philosoph Dr. Zorn ist auf das Fachgebiet Argumentationslogik spezialisiert und diskutiert im Internet viel mit Rechten. Diese werden dort „Trolle“ genannt, die versuchen, durch emotionale Provokationen Andere zu Reaktionen zu bringen. Dr. Zorn wies darauf hin, dass es sich dabei um eine Kommunikationsstruktur handele, die durchbrochen werden müsse. „Die Rechten kalkulieren dabei vorab, wie sich ihr Gegenüber verhalten wird. Lässt sich ihr Gegenüber tatsächlich provozieren, so stärkt das die Rechten“. Wichtig sei es, nicht konfrontativ zu reagieren. „Gehen Sie weniger auf den Inhalt ein als auf das 'Wie'. Lösen Sie sich von Ihrem Affekt und nehmen Sie Ihr Gegenüber ernst. Fragen Sie nach Gründen, haken Sie nach. Nur so kommen Sie aus der rechts dominierten Diskursspirale heraus.“
„Wie schaffe ich es in einem Gespräch, nicht in eine Falle zu tappen?“, fragte eine Anwesende. „Üben Sie mit vertrauten Personen, in Rollenspielen – backen Sie kleine Brötchen. Niemand zwingt Sie, gleich mit Donald Trump in den Ring zu steigen.“, so der Philosoph. Man solle versuchen, im Gespräch nicht nur Meinungen gegeneinander zu halten, sondern seinen Standpunkt davon zu abstrahieren, immer im Recht zu sein. Demokratie müsse wieder als produktiver Streit betrachtet werden, in dem unterschiedliche Standpunkte gleichermaßen richtig sein und bestehen können.
In persönlichen Gesprächen könnten rechtsorientierte Menschen häufig zum Überdenken der Position gebracht werden können, wenn durch Rückfragen zu Allgemeinplätzen es auf ihren persönlichen Erfahrungshorizont ankomme. In öffentlichen Debatten gehe es eher um die Zuhörer, um die Unentschlossenen. „Rechtsorientierte Wähler sind in der überwiegenden Zahl keine Neonazis, sondern Menschen, die enttäuscht sind.“ Ihr Frust entlade sich dann in extremen Meinungen und Wahlverhalten.
Einige Gäste blieben nach dem Ende der Diskussion noch sitzen, um das Gehörte mit ihren Sitznachbarn und dem nicht publikumsscheuen Philosophen weiter zu erörtern. „Mir fallen mindestens drei Leute ein, die sich richtig ärgern werden, dass sie heute nicht da waren“, sagte ein Besucher beim Hinausgehen. Er habe nun Anregungen zum Nachdenken und für seinen Alltag mitgenommen.
Peter Tobiassen