Hannover (epd). Vor einem Treffen mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zu den Folgen der Energiepreiskrise hat der niedersächsische Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke gezieltere staatliche Hilfen für Menschen mit wenig Geld gefordert. «Für diese Menschen ist die Situation nach wie vor verunsichernd bis bedrohlich», sagte Lenke dem Evangelischen Pressedienst. Weil hatte am Donnerstag Vertreterinnen und Vertreter unter anderem von Kommunen, der Wohnungswirtschaft, den Tafeln, Sozialverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden eingeladen, um eine erste Bilanz zu ziehen.
Vor gut einem halben Jahr hatten die Beteiligten die Erklärung «Niedersachsen - Gemeinsam durch die Energiekrise» verabschiedet. Lenke lobte, das Land habe damit frühzeitig viele Akteure an einen Tisch gebracht. Mit der Gas- und Strompreisbremse auf Bundesebene und dem niedersächsischen Sofortprogramm habe sich «viel getan». Der Diakonie-Vorstandssprecher hob dabei die Ausweitung der sozialen Schuldnerberatung hervor, für die das Land die Mittel bis zum Jahresende von 650.000 auf 1,5 Millionen Euro mehr als verdoppelt habe.
«Es hat sich seitdem bewahrheitet, dass durch die Folgen der Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die Zahl der Menschen, die bei der Schuldner- und Sozialberatung Rat suchen, deutlich gestiegen ist», sagte Lenke. Die zusätzlichen Mittel des Landes seien allerdings befristet. Dies mache es in dem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt schwer, die neu geschaffenen Stellen auch alle zu besetzen.
Er halte einen langfristigen Ausbau der Schuldnerberatung für nötig. «Inzwischen kommen Menschen in die Beratungsstellen, die noch vor einem Jahr nicht geahnt haben, dass sie in eine Situation kommen, in der das Geld nicht reicht», sagte Lenke. So stünden zum Beispiel Familien, die die Finanzierung ihres Hausbaus für gesichert gehalten hatten, jetzt vor der Frage: «Gebe ich das Geld in die Tilgung meines Kredites oder dem Energieversorger?»
Um die Härten der allgemein steigenden Lebenshaltungskosten abzumildern, reicht aus Lenkes Sicht trotz der letzten Erhöhung das staatliche Bürgergeld nicht aus. Dass inzwischen deutlich mehr Menschen Wohngeld beantragen können, sei zwar zu begrüßen. Doch zeige sich, dass Kommunen die Anträge unterschiedlich schnell bearbeiteten. «Zum Teil dauert es sechs Monate bis zum Bescheid.»
Lenke kritisierte außerdem, dass immer mehr Menschen auf die Unterstützung von Lebensmittel-Tafeln angewiesen seien. Ursprünglich sei der Sinn der Tafeln gewesen, Lebensmittel vor der Verschwendung zu retten. «Es wird inzwischen selbstverständlich hingenommen, dass die Tafeln Lücken schließen. Das macht mir große Sorgen.»