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Drei Tage lang, von Freitagmorgen, 4. Juli, bis Sonntagnachmittag, 6. Juli, sind Menschen aus Oldenburg und Umgebung eingeladen, Friedhöfe, Kapellen, Kirchen und öffentliche Einrichtungen zu besuchen. „end-lich leben!“ heißt das umfangreiche Projekt des Ev.-luth. Kirchenkreises Oldenburg Stadt. Das Angebot umfasst „musikalisch-theatralisches“ auf den Oldenburger Friedhöfen: Filme und Vorträge, Erkundungsgänge und Theater, Lesungen, Gottesdienste und Musik, für jedes Alter ist etwas dabei.

 

Aktionen und Projekte vom Sonntag, 6. Juli 2014

„Schon verblüht?“ – Open Air Gottesdienste in Oldenburg
Mit besonderen Gottesdiensten haben die Oldenburger Kirchengemeinden am Sonntag auf das Projekt „end-lich leben“ aufmerksam gemacht. Der dritte und letzte Tag lud Interessierte noch einmal dazu ein, sich mit dem Thema Leben und Tod auseinanderzusetzen. In Kirchen, Friedhofskapellen und vielfach auch draußen bleibt dieser Sonntagmorgen für Ausführende und auch Gottesdienstbesuchende in guter Erinnerung.

Mit dem Schlossgarten hatte Pfarrer Dr. Ralph Hennings von der Lambertikirche einen ganz besonderen Ort für den Gottesdienst zum Thema „Vergänglichkeit“ gewählt. Die Feier im Freien wurde mit Orgelmusik aus der Lambertikirche live begleitet, gespielt durch den Organisten Tobias Götting. Möglich war dies durch aufwändige Übertragungstechnik der Jade Hochschule.

„Der Aspekt des Vergänglichen ist für den Gottesdienst passend, denn im Garten ist alles vergänglich“, begann Pastor Hennings einen Dialog mit der Leiterin des Schlossgartens, Trixi Stalling. Der Theologe und die Gartenexpertin verglichen Vergänglichkeit, Altern und Sterben und die Art damit umzugehen. Während des Gottesdienstes ließen zwei Familien ihre kleinen Jungen taufen.

 

Interreligiöse Führung auf dem Parkfriedhof
Der Einladung zu der Veranstaltung – „Abschiedskulturen im Plural“. Interreligiöse Führung. – am Sonntagnachmittag auf dem städtischen Parkfriedhof Bümmerstede folgten sehr viele Interessierte. Zu dieser außergewöhnlichen Führung hatte Kreispfarrerin Ulrike Hoffmann gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der yezidischen, jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften eingeladen.

Der Parkfriedhof ist 17 Hektar groß und großzügig angelegt, den Parkcharakter unterstützen weiterhin große Bäume und Hecken, die auch als Abgrenzung zwischen den Grabfeldern dienen. Pastorin Beate Bühler-Egdorf zeigte den Gedenkort, an dem früh verstorbene Babys ihren Ruheplatz finden. Die Seelsorgerin an der Kinderklinik Oldenburg hatte die Idee, um Eltern und Angehörigen einen Ort zu bieten, an dem sie trauern können. Zwei- bis dreimal im Jahr werden hier verstorbene Babys in Gemeinschaftsurnen beigesetzt.
 
Der Gang über den Friedhof führte zu jüdischen, muslimischen, yezidischen sowie buddhistischen Gräberfeldern. Die jeweiligen Vertreter informierten über die Sterbekultur ihres Landes und beantworteten viele Fragen. Es ging um die unterschiedlichen Rituale, Trauerzeit und Feierlichkeiten, Kosten, Aufbahrung, die Art der Bestattung und vieles mehr.

Bei der Planung des Projektes „end-lich leben“ war das Interesse bei den Vertretern der anderen Religionen sofort da, sagt Kreispfarrerin Hoffmann, die im Arbeitskreis Religion das Projekt vorgestellt hatte. „Von Beginn an habe ich auf Dezentralität gesetzt“, so Hoffmann. Pastoren, Mitglieder der Friedhofsausschüsse und viele Ehrenamtliche hätten sich eingebracht und ihre Veranstaltungen eigenständig geplant. Die Besucherinnen und Besucher hatten die Gelegenheit, viele Fragen zu stellen, sich einerseits eingehend zu informieren aber auch eigene Gedanken und Einstellungen zum Thema Tod und Trauer zu überprüfen. „Von allen Seiten höre ich bisher positive Resonanz“, sagte Kreispfarrerin Hoffmann.

Aktionen und Projekte vom Samstag, 5. Juli 2014

Bestattungsmöglichkeiten passen sich an die Bedürfnisse an
Überrascht von der Vielfalt der Bestattungsmöglichkeiten auf Oldenburger Friedhöfen zeigten sich viele der Besucherinnen und Besucher. Die Verantwortlichen der Kirchengemeinden hatten ein umfangreiches Angebot vorbereitet, mit dem sie das Thema „end-lich leben“ in den Fokus stellten: Führungen über Friedhöfe, Informationsveranstaltungen, Vorträge, Konzerte und Lesungen waren am Samstag gut besucht.

 

Die Pastorinnen, Pastoren und ihre Teams waren durchweg froh über dieses Themenwochenende, das Interessierten viele Veränderungen aufzeigte und darüber hinaus anregende, interessante Begegnungen und Austausch mit sich brachte.

 

Der Trend zu pflegefreien Grabstätten nimmt zu, darauf stellen sich die Verantwortlichen ein. Große Felder werden vorbereitet, um darauf Särge oder Urnen zu bestatten, die von den Angehörigen nicht gepflegt werden müssen. Die Varianten der Beisetzung sind vielfältig. Auf den Friedhöfen der Stadt Oldenburg werden alle Menschen gut informiert und individuell beraten.

 

Friedhof Eversten: Bestattung heute: was ist möglich in Eversten?

„Unser Friedhof ist schön - und das nicht nur unter dem Aspekt der letzten Ruhefindung“, sagte Karin Opphard vom Friedhofsausschuss. Opphard, Iris Brandt (Friedhofsverwaltung) und Pastorin Karin Kaschlun führten Besuchergruppen über den Everstener Friedhof und beantworteten viele Fragen. „Alle dürfen hier bestattet werden, ob kirchlich oder nicht.“ Iris Brandt arbeitet im Friedhofsbüro und kennt die Abwicklung, Kosten und Regeln.

 

Trend ist heute auf den Friedhöfen ein pflegefreier Bereich. „Das bedeutet nicht gleichzeitig anonym“, erklärt sie. „Ohne Namen geht nicht, Verstorbene werden namentlich auf dem Friedhof genannt.“ Sie rät von einer anonymen Bestattung ab, weil sie weiß, dass Angehörige später einen Platz zum Trauern vermissen würden. Auf einem Rasenfeld sei es schwierig, sich zu orientieren. Sie rät zu Urnen-Gemeinschaftsgräbern. Dort würden auf schönen Stelen, gefertigt von einem Künstler, die Namen der Verstorbenen stehen.

Pastorin Karin Kaschlun ist von dem Projekt begeistert: „Die Vielfalt und die Möglichkeit, sich im Leben mit dem Tod auseinanderzusetzen, sind gut.“

 

Neuer Friedhof Osternburg: Formen der Bestattung in Osternburg
Für Pastor Holger Rauer ist ein Friedhof ein Ort des Lebens. Besonders mag er Gräber mit bunten Blumen und gab die Äußerung einer Oma zu ihrem Enkel weiter: Jeder der im Himmel bei Gott ist, hat hier einen Garten.

 

Die Nachfrage nach pflegefreien Grabstätten sei groß und würde stetig zunehmen, so Rauer. An einem Urnenfeld stehe eine Mauer, auf der die Namen der Toten zu lesen sind. „Dies ist ein angemessener Ort der Trauer. Friedhofsgärtner Norbert Mohr kennt jeden Stein, er pflegt den Friedhof seit 25 Jahren, informiert und berät. Im Rahmen des Projekts ‚end-lich leben’ führte der Konfirmandengruppen über den Friedhof und freute sich besonders über die vielen Fragen der Jugendlichen.

 

Spezielle Formen der Bestattung werden immer mehr nachgefragt. Wenn ein neues Feld geplant werde, würde der Friedhofsausschuss lange beraten und planen, dies sei schließlich eine Entscheidung für Jahrzehnte. Ein neues Urnenfeld gibt es aktuell, auf dem sich Paare nebeneinander beisetzen lassen können. Diese Felder können bestellt werden.

 

„Ich hoffe, es wird nie erlaubt, die Urne mit nach Hause zu nehmen,“ sagte Pastor Rauer. „Der Friedhof ist wichtig, hier wird aufgepasst und ein würdevoller Umgang gepflegt.“

 

Gertrudenkapelle: „Friedhof“ und „Sterben und Tod“
Gabriele Dittrich, Maren Waruschewski und Martin Frebel (Friedhofsausschuss) informierten die Besucherinnen und Besucher des alten Friedhofes und der Kapelle. Organistin Dittrich zeigte die Orgel und als Glockensachverständige der oldenburgischen Kirche führte sie auf Wunsch Besucherinnen und Besucher in den Glockenturm, ein schwieriger Aufstieg. Ausschussvorsitzender Frebel äußerte sich positiv: „das wird heute gut angenommen.“

 

Der über 500 Jahre alte Friedhof, Nähe des Pferdemarktes, wirkt durch das sehr grüne Gelände und die alten hohen Bäumen. Auch beeindruckten die unterschiedlichen Grabstellen mit ihren großen Grabsteinen.

 

In der Gertrudenkapelle stellte Dr. Meike Düseler aus Lüneburg einen Auszug aus ihrer Promotion zum Thema „Der Tod in Oldenburg. Oldenburger Leichenpredigten“ vor.

 

„Für uns befremdliche Schilderungen waren damals durchaus üblich. Detailgenau wurden Beobachtungen während des Sterbens aufgeschrieben. Der Tod war ein vertrauter Begleiter. Die Predigten zeigen das Denken der damaligen Zeit“, so Düseler. Im 17. Jahrhundert habe sich das geändert, das Leben sei wichtiger geworden. Ende des 18. Jahrhunderts ersetzten dann Todesanzeigen in Zeitungen die Leichenpredigten.

 

Waldfriedhof Ofenerdiek
In der Kirchengemeinde Ofenerdiek beschäftigten sich am Samstag 90 Konfirmanden zwischen 13 und 15 Jahren mit dem Thema Bestattung. Sie erarbeiteten sich während einer Friedhofserkundung über den Waldfriedhof Fragen zu Bestattung und Strukturen.

 

Begleitet wurde das Projekt durch Pastor Jens Teuber, Kreisdiakonin Elke Kaschlun und Diakon Thorsten Haspelmath. „Wir wollen den Friedhof als Ort des Lebens ins Bewusstsein rufen“, sagte Pastor Teuber, „daher finden wir gut, dass diese Aktion jetzt im Sommer stattfindet.“

 

Die Aktionen haben eine naturkundliche Ausrichtung und finden zum Teil in Zusammenarbeit mit dem NABU statt. Besonders gut gefallen hat ihm der Austausch zwischen der Bestatterin Petra Paul und den jungen Menschen. Der Waldfriedhof wurde im ehemaligen Patentbusch eingerichtet. „Die Integration in den Wald macht den Charme dieses Friedhofes aus“, so Teuber.

 

Aktionen und Projekte vom Freitag, 4. Juli 2014

Oldenburger Kindergärten erkunden Friehöfe

„Wo sind Menschen, wenn Sie tot sind?“ Auf dieses Thema bereiten sich in den Oldenburger Kindergärten seit Monaten die Erzieherinnen sowie Pastorinnen und Pastoren der jeweiligen Kirchengemeinde vor. „Seit Februar beschäftigen wir uns in einem Team damit, dieses Projekt mit den Kindern durchzuführen“, sagte Pastor Thomas Hinne aus Eversten. Das Projekt wurde mit den älteren Kindern der Einrichtung, den Vorschulkindern, durchgeführt. Für Ina Struck, langjährige Leiterin der KiTa St. Ansgar, war das eine besonders spannende Aufgabe. „Über den Tod zu reden, macht ja auch viel mit uns selbst“, sagte sie.

 

Überrascht waren die Erzieherinnen, wie unbefangen und selbstverständlich dagegen die Kinder mit dem Thema Tod umgehen. Beeindruckt hatte KiTa-Leiterin Struck die Aussage eines Kindes: „Richtig tot ist ein Mensch erst, wenn niemand mehr an ihn denkt.“ Unbefangen zeigten sich die Kinder auch bei dem Gang über den Friedhof in Eversten. In der Kapelle schmückten sie einen Tisch statt eines Sargs mit Blumen und Gebasteltem. Sie besuchten Gräber und fragten interessiert nach Einzelheiten. Sie umrundeten einen 160 Jahre alten Baum, besuchten das Grab einer ehemaligen Kindergartenleiterin, die Friedhof-Werkstatt und standen interessiert an Kindergräbern.

 

Leben mit den Toten. Religionen, Rituale und Sitten zum Tod.
Wo sind unsere Toten?
„Wo sind unsere Toten? Warum gehen wir auf Friedhöfe?“ Prof. Dr. Reiner Sörries, Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, erregte mit seinen Thesen und Fragen bei den Besucherinnen und Besuchern der Auftaktveranstaltung „end-lich leben!“ großes Interesse. In der Friedhofskapelle Donnerschwee zeigte er fremde Bestattungsrituale aus fernen Ländern. Die Art und Weise einer Beisetzung richte sich immer nach praktischen Gesichtspunkten, wie etwa den örtlichen Begebenheiten, so Sörries.

Seitdem die Menschen ihre Toten bestatten, werden Riten und Vorgehensweisen beachtet. Überlebende würden stark trauern und durch Rituale die Trauer besser verarbeiten können. Der Verlust eines Menschen sei gemeinschaftlich, das zeige sich zum Beispiel an der festgelegten Trauerzeit oder entsprechender Kleidung. „Wenn die Trauerzeit vorbei ist, kann das Leben und der Alltag wieder gelebt werden“, betonte der Experte.

„Doch dieses Verhalten verändert sich und damit verändert sich auch die Bestattungskultur“, sagte Sörries. „Menschen gehen auf den Friedhof, um ihren Angehörigen nahe zu sein. Die Friedhofsmauern sind die Grenze zwischen den Lebenden und den Toten. Doch geht die Entwicklung weg vom Friedhof und viele frühere Trennungsrituale sind heute abgeschafft.“

Dr. Sörries glaubt, dass bei Menschen die Bestattungskultur aus Bildern bestehe. Zum Beispiel sei ein Naturfriedhof ein „tolles Bild“ oder die Urne in der Wohnung. Diese Vorstellungen veränderten sich allerdings weiterhin mit den sozialen Veränderungen.

Der Experte warnte: „Heute sind wir dabei, der Trauer einen eigenen Wert zu geben. Fehlende Rituale erschweren die Trauer. Trauer und Rituale helfen Menschen, den Verlust zu überwinden und wieder selber zu leben.“

Leichenpredigten in der Landesbibliothek

In einem weiteren Projekt der Aktion „end-lich leben!“ stellt die Landesbibliothek in zwei Schaukästen alte Bücher mit Leichenpredigten aus. Diese besondere Rarität hatte Mitarbeiter Dr. Klaus-Peter Müller zusammengestellt. Die Bücher stammen aus den Oldenburgensien des Johann Samuel Neumann aus Bardenfleth, aus dem Großherzoglichen Privatbesitz und aus dem Nachlass eines ehemaligen Pastors, der Oldenburger Leichenpredigten gesammelt hatte.

 

„Erinnerungskulturen. Bilder von Oldenburger Friedhöfen“
Beeindruckende Fotos zum Thema: „Erinnerungskulturen. Bilder von Oldenburger Friedhöfen“ sind in der Lambertikirche ausgestellt. Fotografiert wurden sie von Erika und Ennow Strelow.

Weitere Informationen sowie das vollständige Programm finden Sie online unter: www.end-lich-leben.de

Ein Beitrag von Bärbel Romey.

Der Open Air Gottesdienst im Schlossgarten fand großen Anklang. Alle Fotos: ELKiO/Bärbel Romey
Während des Gottesdienstes im Schlossgarten ließen zwei Familien ihre Kinder taufen.
Kinder der KiTa St. Ansgar auf dem Friedhof Eversten.
Überrascht waren die Erzieherinnen, wie unbefangen und selbstverständlich die Kinder mit dem Thema Tod umgehen.
Ein Tisch wurde mit Blumen und Gebasteltem geschmückt.
Teamer Katharina und Nele mit Chiara, Johanna und Mascha auf dem Städtischen Waldfriedhof.
Pastorin Beate Bühler-Egdorf zeigte den Gedenkort für früh verstorbene Babys.
Besuch von jüdischen Gräberfeldern
Kreispfarrerin Ulrike Hoffmann (rechts) am yezidischen Gräberfeld
Besuch von muslimischen Gräberfeldern
Besuch von buddhistischen Gräberfeldern
Iris Brand führte eine Gruppe über den Friedhof in Eversten
Pastor Holger Rauer zeigte das pflegefreie Urnenfeld auf dem Neuen Osternburger Friedhof
Spannende Einblicke bot Dr. Meike Düseler zum Thema Leichenpredigten.
Karin Opphard zeigte einen Plan vom Friedhof Eversten
Maren Waruschewski (li.) und Gabriele Dittrich (2. von re.) mit Besucherinnen der Getrudenkapelle
Vortrag zum Thema: Leben mit den Toten. Religionen, Rituale und Sitten zum Tod (von rechts): Pastorin Andrea Burfeind, Dr. Reiner Sörries und Pastorin Brigitte Gläser, Leiterin der Akademie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.
Dr. Klaus-Peter Müller hat die Ausstellung: Oldenburger Leichenpredigten zusammengestellt.
Fotografien von Oldenburger Friedhöfen sind in der Lambertikirche zu sehen.