Liebe Schwestern und Brüder,
wir sind unterwegs in der Woche nach Himmelfahrt. Er ist nicht mehr da. Er ist unterwegs zu Gott dem Vater, nur noch die Füße sind zu sehen. Aber er hat Spuren hinterlassen, er – Jesus Christus – hat die Welt verändert. Die Menschen, die ihm nachschauen, sind andere geworden. Links eine Frau, die nun weiß, wohin sie ihren Blick voller Hoffnung richten kann. Gott wird sie nicht enttäuschen, diese Gewissheit strahlt sie aus. Rechts ein Mann, der in den Raum hineinschaut, er sieht zu uns Menschen, er nimmt Kontakt auf. Das Buch in der Hand signalisiert: Ich habe Euch etwas zu sagen, es ist wichtig. Mit seinem Zeigefinger zeigt er auf den, von dem er uns etwas erzählen will. Oder sucht er mit seinem erhobenen Zeigefinger unsere Aufmerksamkeit? Beides ist möglich. Deutlich ist aber erkennbar: Mit dem Bild sind Himmel und Erde, Gott und die Menschen verbunden.
Die Elisabeth-Kirche in Hude wurde als Torkapelle des benachbarten Zisterzienserklosters erbaut, wo die Besucherinnen und Besucher des Klosters in Empfang genommen wurden. Reisende, Kranke, Bedürftige, Pächter der Ländereien oder Herbergssuchende kamen hier an. Mit dem wunderbaren Altarbild aus dem 14. Jh. wurden die Ankömmlinge auf eindrucksvolle Weise auf die Geschichte Gottes mit den Menschen eingestimmt. In 24 Bildern hat ein nicht bekannter Künstler diese Holzschnitzarbeiten geschaffen, die die Lebens- und Leidensgeschichte von Jesus Christus erzählen. Da viele Menschen nicht lesen konnten, waren die Bildergeschichten ein wichtiger Zugang zur biblischen Botschaft.
Als Mensch wurde Jesus geboren, als Mensch hat er gelebt. Schon als Wanderprediger hat er vom Reich Gottes erzählt und viele um sich versammelt. Mit der Auferweckung von den Toten und der Himmelfahrt wurde er erhöht und kehrte heim zu Gott. Und darauf gründet sich die christliche Hoffnung: Jesus Christus ist den Weg zu Gott vorangegangen, auf dem wir ihm folgen werden. So konnte die Geschichte Gottes mit uns Menschen Raum und Zeit umfassen und trifft auf uns heute: Die Fußabdrücke des Auferstandenen in der Welt sind noch immer erkennbar – Gott sei Dank. Und wenn Sie genau hinsehen, hat der Künstler schon vor 700 Jahren geahnt, dass Gottes Handeln immer einen starken Eindruck hinterlässt.
Bischof Thomas Adomeit