Zum Hauptinhalt springen

Die oldenburgische Kirche feiert das zehnjährige Bestehen ihrer Kirchbaustiftung mit einer Reihe von Jubiläumsveranstaltungen. Vom 26. August bis zum 30. Oktober finden sieben Veranstaltungen an sechs Orten – von der Nordseeküste bis zu den Dammer Bergen – statt, in denen die wichtigsten Themen der Arbeit der Stiftung anhand ausgewählter geförderter Projekte vorgestellt werden sollen.

In erneuerter Schönheit und Vollständigkeit ist die Kanzel in Altenesch nun wieder zu einem würdigen Ort der Verkündigung an zentraler Stelle des Kirchenraumes geworden. Die im Jahr 2006 restaurierte Kanzel, die 1619 von Ludwig Münstermann geschaffen worden ist, bildet ein lohnendes Ziel am südlichsten Punkt der Münstermannroute durch die Wesermarsch. Die kostbare Kanzel stellt ein frühes Stück des umfangreichen Werkes des Hamburger Bildhauers Münstermann im Oldenburger Land dar.

In seinem Vortrag zum Thema „Die protestantische Kanzel im Focus – ein Meisterwerk von Ludwig Münstermann in Altenesch und seine Geschichte“ betonte Königfeld in der St. Galluskirche, dass mit der Ergänzung des verloren gegangenen Kanzeldeckels im Rahmen der Restaurierung 2006 die Kanzel wieder einen wichtigen Ort am Übergang vom Raum der Gemeinde, dem Predigtraum, zum Bereich der Taufe und des Abendmahls im Chor markiere. Die Kanzel werde so wieder deutlich als ein wesentlicher Ort der „notae“, neben der Taufe und dem Altar, wahrnehmbar.

Im Blick auf die Entstehungsgeschichte der Kanzeldeckel insgesamt erläuterte Königfeld, dass für die Reformatoren die Predigt im Zentrum des Gottesdienstes gestanden habe. „Das Wort Gottes sollte alle Menschen erreichen – und es konnte in den Kirchenräumen mit ihrem festen Gestühl viele gleichzeitig erreichen. Wie ein Symbol für die herausgehobene Bedeutung des Wortes setzte man die Kanzel an zentrale Stelle – hoch über die Köpfe der Gottesdienstbesucher. Und damit das Wort nicht verhallte, setzte man den Kanzeldeckel darüber. Gleichzeitig aber erhielt die Kanzel durch den Kanzeldeckel als Ort der Predigt ihren Abschluss.“

Wie ein Baldachin, beziehungsvoll auch „Himmel“ genannt, habe der Kanzeldeckel diesem wichtigen Ort der Verkündigung des Wortes Gottes Würde verliehen. Gleichzeitig stellte er eine Ergänzung des am Kanzelträger und Kanzelkorb dargestellten theologischen Programms dar und werde damit ein unverzichtbarer Teil des Gesamtkunstwerkes Kanzel, so der Denkmalschutzexperte.

Münstermann habe verschiedene Kanzeln für Kirchen im Oldenburger Land geschaffen, betonte Königfeld. Insgesamt seien 14 aus seiner Werkstatt stammende nachweisbar: Acht seien noch vor Ort erhalten: Varel (1613), Altenesch (1619), Schwei (1618), Hohenkirchen (1628), Apen (um 1625), Rodenkirchen (1631), Heppens (1632), Holle (1637). Hinzu komme Blexen. Die dortige Kanzel sei 1638 nach dem Tode des Vaters im Wesentlichen von seinem Sohn Johann ausgeführt worden. Allerdings seien nur drei Kanzeln vollständig mit Schalldeckel und Treppe erhalten geblieben: Rodenkirchen, Apen und Holle.

Der Überlieferung zufolge stehe die St. Galluskirche an geschichtsträchtiger Stelle, so Achim Knöfel, im Oberkirchenrat für Kirchbau, Kunst und Denkmalpflege zuständig. Hier sollen die gefallenen Stedinger nach der Entscheidungsschlacht von 1234 im Kreuzzug des Bremer Erzbischofs und seiner Verbündeten gegen die aufständischen Bauern begraben worden sein.

Mit der Kirche verbindet sich auch ein zweiter großer Name: In der Nachfolge Arp Schnitgers baute Georg Wilhelm Wilhelmy 1795 die Orgel.

Die Restaurierung der Kanzel, in deren Rahmen auch Ersatz für den Anfang des 19. Jahrhunderts verlorenen Schalldeckel geschaffen wurde, unterstützte die Kirchbaustiftung mit 16.000 Euro.

Nach der Restaurierung 2006 zeigt sich die Kanzel nun laut Knöfel annähernd wieder so, wie sie zur Zeit ihrer Entstehung im Frühbarock aussah: Vorherrschend sind Naturholztöne mit verschiedenen Lasuren und sparsamer Vergoldung. Besonders lebensvoll und ausdrucksstark wirken die Skulpturen der Cherubim, des Kirchenpatrons St. Gallus und der vier Evangelisten in der neuen Farbigkeit.

Mit dem Projekt „Münstermannkanzel Altenesch“ habe die Kirchbaustiftung ein sehr bemerkenswertes Vorhaben für Altenesch, die Wesermarsch und die oldenburgische Kirche gefördert, so Knöfel. Ein vordem stark reduziertes Kunstwerk Ludwig Münstermanns komme in der „wiederhergestellten Form ganz neu zur Geltung: In erneuerter Schönheit ist die Kanzel nun wieder zu einem würdigen Ort der Verkündigung an zentraler Stelle des Kirchenraumes geworden.“

Die Kirchbaustiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg wurde am 31. Oktober 2001 gegründet. Seit dieser Zeit hilft sie den Gemeinden im Oldenburger Land, die Kirchen mit ihrer architektonischen Vielfalt und ihrem Reichtum an wertvollen Ausstattungsstücken zu bewahren und weiterzuentwickeln. Die Vielfalt an Kirchenarchitektur in Norddeutschland – insbesondere im Oldenburger Land – ist riesig. Allein zum Bereich der oldenburgischen Kirche gehören 147 Kirchen mit einem beeindruckenden Reichtum an kunsthistorisch bedeutender Ausstattung wie Kanzeln, Altären, Taufsteinen und Orgeln aller Stilepochen.

Laut ihrer Satzung ist die Kirchbaustiftung eine gemeinnützige und kirchliche Stiftung. Sie trägt zur Pflege, Unterhaltung und Veränderung von Kirchengebäuden einschließlich ihrer Ausstattung wie Altären, Kanzeln, Taufsteinen, Orgeln und Glocken bei. Hinzu kommen Aufgaben beim Neubau oder bei der Erweiterung von Kirchen sowie die Förderung zeitgenössischer kirchlicher Kunst beispielsweise bei der künstlerisch gestalteten Verglasung von Fenstern oder der Schaffung neuer Altarbilder.

Die Kirchbaustiftung stellt regionale Bezüge her, sämtliche Spenden-, Förder- und Stiftungsgelder werden für Maßnahmen im Oldenburger Land verwendet. Sie wirkt in außerordentlichem Maße identitätsstiftend. Weiterhin unterstützt die Kirchbaustiftung das ehrenamtliche Engagement. Sie engagiert sich insbesondere bei Projekten, in denen Kirchengemeinden oder Kirchbauvereine vor Ort aktiv sind.

In den vergangenen zehn Jahren wurden 29 Projekte unterstützt, neue Kostbarkeiten geschaffen und historische Kunst- und Kulturschätze für die Nachwelt erhalten. Nahezu 450.000 Euro wurden dafür von der Kirchbaustiftung bereitgestellt, deren Stiftungskapital inzwischen rund 1,39 Millionen Euro beträgt.

Der Auftakt für die Jubiläumsveranstaltungen wurde am 26. August in der St. Cosmas und Damian-Kirche in Wiarden bei Wilhelmshaven gefeiert. Dort wurden 2004 bei Restaurierungsarbeiten Teile eines Altars aus dem 13. Jahrhundert entdeckt, der in der Wissenschaft als Sensationsfund gewertet wurde. Es folgen weitere Veranstaltungen in Dötlingen, Oldenburg und Wiefelstede. Zur zentralen Festveranstaltung am 30. September in der Oldenburger Lambertikirche wird die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, einen Vortrag zum Thema „Räume des Unverfügbaren – Künste und Kirche heute“ halten. Die Abschlussveranstaltung bildet ein Gottesdienst mit Kreispfarrer Michael Braun am 30. Oktober in Damme.  

Weitere Informationen zur Kirchbaustiftung finden Sie unter: www.kirchbaustiftung-oldenburg.de



Kanzel und Altar mit Orgel in der St. Galluskirche in Altenesch. Alle Fotos: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Denkmalpflegeexperte Dr. Peter Königfeld aus Hannover bewertet die Kanzel als Schätzchen“ der nordeuropäischen Renaissance.
Der Überlieferung zufolge steht die St. Galluskirche an geschichtsträchtiger Stelle.
In erneuerter Schönheit und Vollständigkeit ist die Kanzel nun wieder ein würdiger Ort der Verkündigung an zentraler Stelle des Kirchenraumes.
Denkmalpflegeexperte Achim Knöfel: Mit dem Projekt „Münstermannkanzel Altenesch“ hat die Kirchbaustiftung ein sehr bemerkenswertes Vorhaben für Altenesch, die Wesermarsch und die oldenburgische Kirche gefördert.
Vorherrschend sind bei allen Figuren Naturholztöne mit verschiedenen Lasuren und sparsamer Vergoldung.
Gemeindepastorin Ute Clamor ist froh, dass die Kirchbaustiftung die Restaurieung der Kanzel so umfassend gefördert hat.
Altar und Orgel in der St. Galluskirche in Altenesch.
Kirchenälteste Edith Loock, die den Vortragsabend moderierte - teils auf Plattdeutsch - betonte, dass alle erstaunt waren, welche Kunstschätze die St. Galluskirche in Altenesch beherberge.
Besonders lebensvoll und ausdrucksstark wirken die Skulpturen: hier die Figur des St. Gallus.
Figur des Johannes
Figur des Markus