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Für ihren Roman „Der lange Atem“ hat Nina Jäckle den Evangelischen Buchpreis 2015 erhalten. Die Auszeichnung wurde ihr am Mittwoch, 30. September, in Bielefeld von Bischof der oldenburgischen Kirche, Jan Janssen, überreicht. Er ist Vorsitzender des Evangelischen Literaturportals e.V., das seit 1979 den Buchpreis verleiht.

Weil sich die christliche Botschaft an den ganzen Menschen richte und alle Sinne anspreche, pflege die evangelische Kirche den Dialog mit Kunst und Kultur, sagte Präses Annette Kurschus: „Wir sind offen für das Unvorhersehbare und das Unberechenbare“, so die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen, die in diesem Jahr Gastgeberin der Feier zur Preisverleihung war. „Die Botschaft der Kirche ist öffentlich und hat gesellschaftliche Bedeutung. Sie steht deshalb in Wechselwirkung mit der Kultur.“ Der Evangelische Buchpreis und die Büchereien gehörten in diesen Zusammenhang. Präses Kurschus dankte den über 750 qualifizierten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in den 115 Evangelischen Büchereien in Westfalen engagieren.

„Der lange Atem“ spielt in Japan nach der Katastrophe von Fukushima. Der Roman erzählt von einem Zeichner, der die Gesichter der Opfer des Tsunami abbildet – nach Fotos von den entstellten Toten. Die Zeichnungen sollen den Hinterbliebenen bei der Identifizierung helfen. Der Zeichner versucht, die Menschen unversehrt darzustellen. Damit hilft er den Angehörigen beim Umgang mit dem Unfassbaren.

„Die Kunst des Zeichners und die der Schriftstellerin tun sich zusammen und erheben in ‚Der lange Atem‘ einen geduldigen, beharrlichen Protest gegen den Tod“, heißt es in der Begründung für den Preis: „Ohne ein ausdrückliches Wort darüber zu verlieren, atmet der Roman Auferstehung.“ In ihrer Laudatio nannte die österreichische Journalistin und Japan-Kennerin Judith Brandner den Roman ein „Requiem“ für die 19.000 Toten der Katastrophe, „eine Verneigung vor den Opfern“. Das Buch thematisiere das „urmenschliche, alle Grenzen von Kulturen und Religionen überschreitende Bedürfnis“, verstorbenen Angehörigen eine würdige letzte Ruhestätte zu bereiten und einen Ort des Gedenkens zu haben.

Das Evangelische Literaturportal e.V. ist der Dachverband evangelischer öffentlicher Büchereien. Für den Evangelischen Buchpreis werden Bücher gesucht, die zum neuen Nachdenken anregen - über das menschliche Miteinander und das Leben mit Gott. Für 2015 haben Leserinnen und Leser 115 Titel vorgeschlagen, aus denen die Jury den Roman von Nina Jäckle auswählte.

Nina Jäckle, 1966 in Schwenningen geboren und in Stuttgart aufgewachsen, lebt in Berlin. Sie veröffentlichte Hörspiele, Erzählungen und Romane, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

 

Bischof Jan Janssen, Präses Annette Kurschus und Pfarrer Jens Teuber gratulieren Nina Jäckle (2.v.l.) zum Evangelischen Buchpreis 2015.
Bischof Jan Janssen, Präses Annette Kurschus und Pfarrer Jens Teuber gratulieren Nina Jäckle (2.v.l.) zum Evangelischen Buchpreis 2015.