Ein seltenes Bild: Menschen muslimischen, jüdischen und yezidischen Glaubens sowie Vertreter weiterer Glaubensrichtungen halten zusammen mit Christen in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche im Gebet inne. Mehr als 300 der rund 500 Teilnehmer waren am Montag, 23. November, zum Abschluss der Demonstration Religionen gemeinsam gegen Gewalt in das evangelische Gotteshaus gekommen. Dazu aufgerufen hatten der Arbeitskreis Religionen des Präventionsrats Oldenburg, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Oldenburg, der Islamische Kulturverein Maryam-Moschee, die Haci-Bayram-Moschee (DITIB) und die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg.
Das ist eine Sternstunde für mich, sagte Kreispfarrerin Ulrike Hoffmann vom Ev.-luth. Kirchenkreis Oldenburg Stadt angesichts der voll besetzten St. Lamberti-Kirche. Ich glaube, viele Menschen waren noch nie hier drinnen. Es ist ein guter Tag für Oldenburg, dass wir uns heute hier versammelt haben. Ich freue mich über den gemeinsamen Abschluss hier, so YakubCastur von der Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Oldenburg e.V. (DITIB). Es sei notwendig, mit der gemeinsamen Demonstrationein Zeichen zu setzen, betonten Hoffmann und Castur, die beide dem Arbeitskreis Religionen angehören, der die Veranstaltung initiiert hat.
Auslöser waren die jüngsten Terroranschläge des sogenannten Islamischen Staats (IS). Wir sind gegen den Missbrauch von Religionen, sagte Ahmed Hazzaa vom Islamischen KulturvereinMaryam-Moschee beim Start des Demonstrationszuges. Der IS hat von uns Muslimen keine Vollmacht, in unserem Namen zu handeln. Der IS ist anti-islamisch. Keiner Religion kann es gefallen, wenn Menschen in ihrem Namen Angst verbreiten und Misstrauen sähen. Wir dürfen denen, die unsere Freiheit angreifen, nicht das Gefühl geben, dass ihre Taten zum Erfolg führen.
Von der Moschee zur Kirche zur Synagoge
Rund fünfhundert Menschen marschierten von der Maryam-Moschee über Pferdemarkt und Peterstraße an der Garnisonkirche und Forumskirche St. Peter vorbei zur Synagoge und Friedenskirche, dann zur Lamberti-Kirche. Der Gang solle ein Signal aussenden, wenn Muslime und Nicht-Muslime sich gemeinsam vom Missbrauch von Religionen zur Rechtfertigung von Terror und Gewalt distanzieren.
In der St.Lamberti-Kirche begrüßte Theologieprofessor Jürgen Heumann vom Arbeitskreis Religionen die Teilnehmer. Wir trauern um die Menschen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Wir als Initiatoren und Menschen dieser Stadt können nicht fassen, was im Namen von Religionen geschieht. Darum wollen wir ein Zeichen setzen: Gewalt wird von allen Religionen in dieser Stadt geächtet. Keine Religion hat das Recht, eine andere zu verfolgen oder zu diskriminieren. Es gebe Gewalttraditionen in vielen religiösen Grundtexten, so Heumann. Diese gelte es zu reflektieren und zu bearbeiten. Heute existieren weltweit Netzwerke, in denen verschiedene Religionen versuchen, zusammenzuarbeiten. Es gilt, Gemeinsamkeiten zu erkennen und Unterschiede anzuerkennen.
Zur Demonstration aufgerufen haben der Arbeitskreis Religionen des Präventionsrats Oldenburg, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Oldenburg, der Islamische Kulturverein Maryam-Moschee, die Haci-Bayram-Moschee (DITIB) und die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg. Sie wollen dazu ermutigen, sich einzusetzen für die Freiheitsrechte, die die Grundlage bilden für das friedliche Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft mit Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit.
Unter dem Dach des Präventionsrats Oldenburg kommen im Arbeitskreis Religionen unter anderem Vertreter von in Oldenburg ansässigen christlichen, jüdischen, muslimischen und yezidischen Gemeinden, von Buddhisten und Bahai ins Gespräch. Weitere Mitglieder sind die Integrationsbeauftragte Dr. Ayça Polat, Tobias Frick vom Forum für Integration und Migration, Prof. Jürgen Heumann vom Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik der Uni Oldenburg sowie Melanie Blinzler, die Geschäftsführerin des Präventionsrats.
Antje Wilken