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Einen sensationellen Fund gab es vor kurzem bei der Schlosskirche in Varel: Es war lediglich ein „glücklicher Zufall“, als bei der Durchsicht der Inventarliste des Archivs die Aufmerksamkeit auf eine Holztafel fiel. Heute ist klar: Es handelt sich um eine rund 400 Jahre alte Psalmentafel, die frisch restauriert wurde und die nun wieder in der Kirche zu sehen ist. Erstmals wurde sie am vergangenen Sonntag zum Tag des offenen Denkmals präsentiert.  

Rund 2.500 Euro wurden für die Restauration investiert. Jahrzehntelang war die Tafel im Archiv der Kirche nicht weiter beachtet worden. Als sie nun aber zufällig in den Blick fiel, kam eine echte Überraschung zutage: es handelt sich um eine Tafel aus der Zeit Ludwig Münstermanns, die damals unter dem Boden der Orgel angebracht war.

Die Vareler Schlosskirche wurde im zwölften Jahrhundert erbaut, ständig und bis heute verändert, erweitert und restauriert. Die letzte große Restauration hat von 1984 bis 1994 stattgefunden, rund sechs Millionen D-Mark waren notwendig. Klaus Weber gründete damals einen Förderverein, der sich zur Aufgabe machte, Sponsoren für die bedeutende Kirche zu finden.

 

Altar, Kanzel und Taufbecken der Kirche stammen aus dem frühen 17. Jahrhundert vom berühmten Künstler Ludwig Münstermann. Damals habe es auch eine in der Region sehr bedeutende Orgel mit einem Münstermann-Prospekt gegeben, berichtete Pfarrer Tom Brok. An dieser Orgel war unter dem Boden eine Holztafel angebracht, auf der Verse des 150. Psalms zitiert sind. Verziert wurde die Tafel mit verschiedenen Ornamenten, mit Frauengestalten, die Engeln gleichen und mit Vögeln.

 

Später, im 19. Jahrhundert war ein Rahmen aus Profilleisten angebracht worden. Der Grund ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, auf jeden Fall wurden dabei auch sehr brachial Details „zugenagelt“. So sind zum Beispiel die Vögel nur noch als Leib ohne Kopf zu sehen. Die Orgel hingegen gilt heute als verschollen, sicher ist nur, dass die Vareler ihre Orgel verkaufen wollten und durch eine neue ersetzen wollten, die dem modernen Zeitgeist entsprach.

Als die Psalmentafel jetzt, genau passend zum 400-jährigen Orgeljubiläum der Kirche gefunden wurde, war klar, dass sie restauriert werden musste. Damit beschäftigte sich Sybille Popken, Restauratorin aus Elsfleth. Rund sechs Wochen benötigte sie dafür, den Rahmen zu entfernen, die Tafel zunächst zu konservieren und Millimeter für Millimeter zu reinigen, das Material und die Farbschicht zu festigen und dann fehlende Teile behutsam und sehr kleinteilig zu ersetzten.

 

Nicht alles konnte im Original wieder hergestellt werden, weil eine Bearbeitung im 19. Jahrhundert das nicht zugelassen habe, berichtete die Restauratorin. Dennoch ergibt sich nun für das Auge ein stimmiges Bild. Gut zu erkennen ist der Text, der zuvor nicht mehr lesbar war, er ist in plattdeutscher Sprache gehalten. Die Restauration wurde von der Volksbank und der EWE-Stiftung gefördert.  

Achim Knöfel, zuständig für Kirchenbau, Kunst und Denkmalpflege beim Oberkirchenrat in Oldenburg fand es bemerkenswert, dass die Tafel überhaupt aufbewahrt worden war. Er könne sich das nur so erklären, dass jemand den Vers für bedeutsam gehalten habe, sagte er. Dass man heute genau weiß, wo die Tafel früher zu finden war liegt übrigens an Aufzeichnungen, die der frühere Pfarrer Anton Goens auf Bitten des Oberkirchenrates angefertigt hatte. Er hatte 1860 eine genaue Beschreibung der Kirche und des Inventars angefertigt.

Ein Beitrag von Annette Kellin.

Über die Restauration der Psalmentafel freuten sich (von li.) Kantor Thomas Meyer-Bauer, Küster Dietmar Immel, Achim Knöfel, Pfarrer Tom Brok, Klaus Weber, Sybille Popken, Dr. Stephanie Abke und Rolf Dietrich.
Detail aus der Psalmentafel, hier eine Frau.
Als die Tafel im 19. Jahrhundert einen Rahmen erhielt, wurden sehr brachial Details „zugenagelt“. Alle Fotos: Annette Kellin