Für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement für den Gedenkkreis Wehnen e.V. und gegen das Vergessen wurde Edda Minssen (69) am Freitag, 13. April, mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt. Die Verleihung erfolgte im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung durch den Ammerländer Landrat Jörg Bensberg im Festsaal der Karl- Jaspers-Klinik in Wehnen. Dass in der früheren Heil- und Pflegeanstalt Wehnen 1.500 Menschen ihrer Würde beraubt, ausgehungert und ermordet wurden, sei ein schrecklicher Frevel, über den bald nach dem Zweiten Weltkrieg der Vorhang des Schweigens gesenkt worden sei, so Bensberg. Edda Minssen und dem Gedenkkreis sei es zu verdanken, dass die Aufarbeitung vorangetrieben wurde.
Neben der Begrüßung durch den Historiker Dr. Ingo Harms hielt der parlamentarische Staatssekretär Thomas Kossendey (MdB) ein Dankeswort. Er würdigte insbesondere, dass es aufgrund des großen Engagements von Edda Minssen gelungen sei, die Gedenkstätte in Wehnen gegen alle bestehenden Widerstände einzurichten. Der Ärztliche Direktor der Karl-Jaspers-Klinik, Prof. Dr. Jörg Zimmermann, betonte in einem Grußwort, dass es ein Akt der Versöhnung mit der Klinik sei, dass die Verleihung der Verdienstmedaille in der Klinik stattfinde, in der 1945 die Mutter von Edda Minssen umgebracht wurde.
Seit 15 Jahren erinnere Edda Minssen sowie ehrenamtliche Mitglieder des Gedenkkreises an die ermordeten Patientinnen und Patienten der früheren Heil- und Pflegeanstalt Wehnen, so der Gedenkkreis Wehnen e.V. in seiner Einladung. Der Verein war nach der Veröffentlichung des Buches Wat mööt wi hier smachten (1997, Dr. Ingo Harms) von Betroffenen, deren Angehörige in der heutigen Karl-Jaspers-Klinik Wehnen in der Nazizeit ermordet wurden, gegründet worden. Das Wissen um diese Verbrechen dürfe nicht verloren gehen, damit in Zukunft nie wieder Menschen mit psychiatrischen und psychischen Erkrankungen nicht behandelt, sondern für Ihr Leiden bestraft werden.
In seiner Laudatio betonte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Jan Janssen, Edda Minssen habe dem trotz aller Mühe der Aufklärung immer noch weit verbreiteten Hang entgegengesteuert, die grausamen und unwürdigen Dimensionen deutscher Geschichte vergessen machen und verdrängen zu wollen. Sie stehe für eine Haltung, die Gesellschaft, Staat und Kirche ein Gesicht gebe.
Seit nahezu zehn Jahren leite Edda Minssen mit großem persönlichem Einsatz umsichtig, beharrlich und erfolgreich den Gedenkkreis Wehnen. Sie bezeuge, dass Christinnen und Christen Geschichte und Vergangenes erinnern in der Gegenwart um der Zukunft willen, so Janssen. Es beeindrucke, wie Sie dabei trotz und mit Ihrer persönlichen Betroffenheit den Blick für aktuelle Kontexte der Gesellschaft im Auge behalten haben.
Bischof Jan Janssen dankte Edda Minssen in seiner Laudatio für ausdauerndes und beharrliches Arbeiten, für den Mut, sich eigener Geschichte zu stellen, gewiss auch gegen manche Hürde und für die Geduld mit sich selbst und anderen, bei der Sache der Aufklärung zu bleiben. Er wage es, diesen Dank auszusprechen, so Janssen, weil er sehe, wie sich nach den nicht einfachen Anfängen auch Menschen aus unserer Kirche und vor allem die Kirchengemeinde Ofen um würdiges Gedenken bemühen. Und weil ich weiß, wie bereits Altbischof Krug seit 2001 Ihre Arbeit wahrgenommen hat.
Janssen erinnerte an die Worte von Dietrich Bonhoeffer: Leben Nicht nur die Schwachen brauchen die Starken, sondern die Starken können auch nicht ohne die Schwachen sein. Die Ausschaltung der Schwachen ist der Tod der Gemeinschaft. (D. Bonhoeffer. Gemeinsames Leben. 1961, S.80) Diese Mahnung habe nicht zuletzt zu dem inzwischen sichtbaren und begehbaren Gedenkort in Wehnen geführt mit dem Wort: Die Schwachen und Kranken zu schützen, ist die Würde der Gesunden. Das bleibe Mahnung für jede Gesellschaft, die ihr Verständnis von Stärke, Gesundheit, Fortschritt und Leistung zu unhinterfragten Leitbildern mache, eine bleibende Gefahr durchaus auch im 21. Jahrhundert, so Bischof Janssen.
Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner, Mediziner und Sozialpsychiater, betonte in einer weiteren Laudatio, dass der Gedenkkreis Wehnen e.V. das einzige Beispiel in Deutschland sei, wo sich Angehörige von Opfern der Psychiatriemorde in der Nazizeit zusammengefunden und ein Erinnern organisiert hätten. Dies sei einzigartig und beispielhaft.