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Kirchen zu erschließen und für andere in ihrer besonderen Aussagekraft erfahrbar und verstehbar zu machen, das ist das Anliegen von rund 50 Kirchenpädagogen und Kirchenführern, die vom 18. bis 20. September im Ev. Bildungshaus Rastede über ihre Arbeit diskutierten. Auf Einladung der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg tagte der Bundesverband Kirchenpädagogik e.V. mit seiner Mitgliederversammlung in Rastede.

 

Die oldenburgische Kirche wie auch die Region habe im Blick auf ihre Kirchen und Kulturgüter sehr viel zu bieten, begründete Pfarrer Michael Winkel, Beauftragter für Kirchenpädagogik der oldenburgischen Kirche, die Einladung in die Region. „Das Oldenburger Land ist schön und wir wollen auch zeigen, was wir hier haben“, so Winkel. Mit einem Team aus der Region hatte er die Tagung vorbereitet.

Jeder Kirchenraum hat seinen eigenen Charakter und ist damit unverwechselbar. Durch Installationen in Kirchen, von Licht, Klang, Tüchern, Natur- und Alltagsdingen oder Kunst kann ein Raum gezielt verändert werden. Daher habe das Vorbereitungsteam eingebettet in die Mitgliederversammlung für Freitag einen Studientag zum Thema Installationen organisiert, betonte Michael Winkel.

Die Versammlung und der Studientag dienen dem Austausch und der Weiterbildung der Teilnehmenden aus der gesamten Bundesrepublik. Viele von ihnen setzen sich haupt- oder nebenamtlich im Bereich der Kirchenpädagogik in ihren Heimatgemeinden ein. „In Rastede nahmen sie neue Ideen und Impulse auf“, so Ulrike Duffing aus Hannover, Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes.

Was ist Kirchenpädagogik?
Kirchenpädagogik ist keine Kirchenführung, sondern die ganzheitliche Erschließung und bewusste Erfahrung eines Kirchenraumes. Seit Jahren strömen immer mehr Menschen in die Kirchen und Klöster, um sie und ihre Kunstschätze zu besichtigen. „Hier bietet Kirchenpädagogik eine große Chance, die Menschen zu erreichen“, betont die Berlinerin Gisela Donath vom Vorstand des Bundesverbandes.

In vielen Kirchen gehören Führungen zum touristischen Alltag. Für Prof. Dr. Holger Dörnemann, Vorsitzender des Bundesverbands Kirchenpädagogik, steht fest, dass Kirchenführerinnen und -führer professioneller ausgebildet werden müssten. Bislang gebe es bundesweit nur zwölf Ausbildungsorte für haupt- und ehrenamtliche Kirchenführer.

Er erklärte: „Kirchenpädagogen und Kirchenführer sollen eine Art Dolmetscher zwischen den Gebäuden und den Besuchern sein. Ein Kirchenbesuch weckt in den Menschen die unterschiedlichsten Emotionen, die von Vertrauen bis zu Furcht reichen können. Auch Gerüche von Kerzen und Weihrauch oder die Akustik machen oft längst vergessen geglaubte Erinnerungen wieder gegenwärtig.“ Die Kirchenpädagogik könne für diese Menschen zu einem „Türöffner“ werden, um den Glauben neu oder wiederzuentdecken. Es gehe nicht darum, die Kirchen wie Museen oder Kunstwerke vorzustellen. Vielmehr sollten die Besucherinnen und Besucher sie erleben und erspüren können.

Studientag zum Thema „Gefühlte/Gefüllte Kirchen“
Am Freitag begrüßte der Oldenburger Bischof Jan Janssen die Teilnehmenden in Rastede und eröffnete einen Studientag. Das Angebot mit einem Hauptvortrag und zahlreichen Workshops nutzten noch zusätzliche Gäste.

Alexander Röder, Hauptpastor an der Hamburger St. Michaelis Kirche, begeisterte mit seinem Vortrag „Zwischen Faszination und Störung – Installation in Kirchen wirken Gefühle.“ Bildhaft demonstrierte er zahlreiche Einsätze von Installationen in und an Kirchen. „Installationen in Kirchen haben Hochkonjunktur, weil Kirchen sich dafür anbieten“, weiß er. Doch müsse damit vorsichtig umgegangen und sorgfältig überlegt werden, welche Intention an diesem besonderen Ort ausgedrückt werden solle. Die Kirche sei kein Ausstellungsraum, keine Galerie.

Die bestehenden, festen Kunstwerke in Kirchen wie auch die Installationen erlebten Betrachtende mit der eigenen Empfindung, darauf sei bei der Darstellung zu achten.

Im Blick sein müsse die Frage, ob die Installation auf den Raum Kirche bezogen sei oder ob die Kirche nur eine tolle „Location“ sei, die dem Künstler Raum gebe. Röder zeigte einige klassische Inszenierungen zu Anlässen im Kirchenjahr, zum Beispiel den Adventskranz oder die Krippe, „eine faszinierende Installation – viel mehr als Deko.“

Auch das Erntedankfest biete eine vielfältige Präsentation aus Obst und Gemüse an. „Der Kirchenraum duftet – eine Sinnesfülle, die gehört zum liturgischen Spiel des Gottesdienstes.“ Da liege ein kirchenpädagogisches Potential, das noch nicht genutzt werde, so Röder.

Eindrucksvolle, farbige Bilder bewiesen die Faszination einiger Kirchen und Kathedralen in Hamburg und Frankreich, die im Außenbereich durch Beleuchtung weit sichtbar in Szene gesetzt wurden. Wichtig sei es zu zeigen, wie sich die Gemeinde positionieren will. Dabei solle der Spaßfaktor nicht zu kurz kommen. „Warum denn alles so schrecklich ernst nehmen“, fragte Pastor Röder und forderte zum Umdenken und bewusstem Auseinandersetzen mit der Bedeutung der Installation für die Religion und „die Freiheit es zu tun – in Bezug auf Gott.“

Workshops in Oldenburger Kirchen
Am Freitagnachmittag fanden fünf Workshops mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Oldenburger Kirchen statt.


Im Angebot „Gastgeberin Kirche“ der ev. Thomaskirche in Ofenerdiek erklärte Pfarrerin Ksenija Auksutat aus Darmstadt die kreative Altar- und Kirchraumgestaltung. Die Teilnehmenden setzten die Erkenntnisse und ihre eigenen Ideen um und gestalteten individuell einige Altäre. Die Pfarrerin und Autorin veröffentlichte 2013 das Buch: „Der Altar im Kirchenjahr: schmücken – gestalten – verkündigen“.

Klangerschließung zu Bildern von Karola Onken vermittelten Pfarrer Tessen von Kameke und Karin Breuninger unter dem Thema „Ganz Ohr“ in der ev. Kirche in Bloherfelde.

„Verstrickt und zugenäht“ – eine kirchliche Erkundung boten Meike Janssen und Sandra Bohlken in der kath. St. Bonifatius-Kirche Ohmstede an.

„Neu gesagt und neu gehört“ – Poetry Slam fühlt/füllt die Kirche hieß der Workshop, den Mario Filsinger und Pfarrer Michael Winkel in der kath. St. Peter-Kirche in Oldenburg durchführten.

Ideen für barrierefreie Kirchenerkundungen am Beispiel Blinder und Sehbehinderter beinhaltete das Thema „All inclusive“ in der ev. Garnisonskirche in Oldenburg. Blinde Teilnehmende sowie Sehende, die sich eine Schlafmaske vor die Augen gebunden hatten, erkundeten durch Fragestellungen an eine sehende und führende Person die Kirche. Den Workshop hatten Sabine Uhlig, Stephanie Ebeling-Wittwer, Uwe Fischer und Dörte Mitwollen vorbereitet.

Mit der öffentlichen Licht- und Klanginstallation „Farbige Klänge – Klangfarben“ in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche endete der Studientag.

Ein Beitrag von Bärbel Romey.

Tagung des Bundesverbandes Kirchenpädagogik in Rastede (von li.): Prof. Dr. Holger Dörnemann, Vorsitzender des Bundesverbands, und seine Stellvertreterinnen Ulrike Duffing und Gisela Donath, Pfarrer Michael Winkel, Beauftragter für Kirchenpädagogik der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg und Alexander Röder, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg. Alle Fotos: ELKiO/B. Romey
Andacht mit dem Oldenburger Bischof Jan Janssen
Das Hauptreferat hielt der Hamburger Hauptpastor Alexander Röder
Workshop „Gastgeberin Kirche“ in der ev. Thomaskirche in Ofenerdiek.
Workshop „Gastgeberin Kirche“
Workshop „Gastgeberin Kirche“
Ideen für barrierefreie Kirchenerkundungen am Beispiel Blinder und Sehbehinderter im Workshop „All inclusive“
Workshop „All inclusive“
Workshop „All inclusive“