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Bremen (epd). Diakonie-Chef Ulrich Lilie fordert mehr Engagement und ein abgestimmtes Vorgehen gegen die wachsende Einsamkeit in der Gesellschaft. «Das sollte als Querschnittsaufgabe ressortübergreifend und über ein breites zivilgesellschaftliches Netzwerk gut koordiniert angepackt werden», sagte Lilie dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bremen zu Beginn einer Sommerreise zum Thema Einsamkeit. In mehreren Bundesländern will er mit Menschen über ihre Erfahrungen mit Einsamkeit sprechen und über Wege aus dem krank machenden Alleinsein diskutieren.

 

 

 

Das Wohnungsbauministerium sei im Engagement gegen Einsamkeit genauso gefragt wie das Sport-, Innen-, Familien- oder Gesundheitsministerium, verdeutlichte der Diakonie-Präsident und betonte: «Für eine wirksame Strategie müssen wir alle aus der Tortenstück-Logik herausfinden.» Nötig seien ein abgestimmtes Vorgehen «und ein langer Atem».

 

 

 

In nahezu allen Altersgruppen gebe es immer mehr Menschen, die alleine lebten. Die Bindekraft von gemeinschaftsstiftenden Institutionen lasse nach, sagte Lilie, der nach Bremen auch nach Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern reist. Dazu kämen der Trend zur Individualisierung und die Pandemie: «Mit Lockdown und Kontaktbeschränkungen haben viele Menschen Erfahrungen mit Einsamkeit gemacht, die sich bislang für immun hielten - quer durch alle gesellschaftlichen Schichten.»

 

 

 

Die Stress- und Gehirnforschung zeige, dass unfreiwilliges Alleinsein als extremer Stress erlebt werde und auf die gleichen Zentren wirke wie das Schmerzempfinden. Lilie: «Einsamkeit ist für die Gesundheit ein genauso starker Risikofaktor wie etwa Fettleibigkeit oder dauerhaftes Rauchen. Gleichzeitig ist es ein erheblicher Risikofaktor in der psychischen Entwicklung.» Manche sagten, sie machten Sudoku. Aber das sei nicht das Richtige. «Es geht vielmehr darum, lebendige Kontakte mit anderen zu haben, sich auszutauschen.»

 

 

 

Betroffene sollten Lilie zufolge ermutigt werden, über ihre Einsamkeit zu sprechen. «Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie, die Telefonseelsorge, Vereine, Kirchen oder kommunale Einrichtungen können hier viel tun.» Es gehe darum, Begegnungen und Gespräche zu ermöglichen. Nachbarschaftscafés, Patenschaftsmodelle oder Besuchsdienste seien hilfreich. Aber es gehe auch um eine umsichtige Stadtplanung und Quartiersgestaltung. «Es muss lebendige, grüne und attraktive Begegnungsorte geben, an denen Menschen etwas zusammen unternehmen können. Diakonie und Kirche verstehe ich dabei als gute Partner, weil sie schon über viele solcher Orte und Netzwerke verfügen.»