Zum Hauptinhalt springen

„Wir sind gemeinsam unterwegs und wachsen aneinander und miteinander! Wenn wir auch das Ziel der Einheit noch nicht erreicht haben, so bin ich doch auch dankbar, was in den vergangenen Jahrzehnten an ökumenischer Verständigung erreicht wurde“, sagte am Donnerstagabend, 11. Dezember, der Bischöfliche Offizial in Vechta, Weihbischof Heinrich Timmerevers beim Adventsempfang der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.

In seinem Gastvortrag in der Oldenburger St.-Lamberti-Kirche würdigte Weihbischof Timmerevers die traditionell guten Beziehungen beider Kirchen in der Region. Dieses gelte sowohl für die Begegnungen auf der Ebene der Kirchenleitungen als auch für die „gute Vor-Ort-Ökumene in unseren Gemeinden“. Diese Gemeinschaft sei „zuallererst ein Geschenk Gottes, seine Gabe an uns im Heiligen Geist.“

Mit dem Ökumene-Dekret vom Zweiten Vatikanischen Konzil habe vor 50 Jahren in der katholischen Kirche ein Paradigmenwechsel stattgefunden, betonte Timmerevers. „Ansonsten würde ich wohl auch heute hier nicht stehen können. Als Bischof der katholischen Kirche fühle ich mich jedoch im Herzen dem ökumenischen Erbe und Auftrag des Konzils verpflichtet, den Weg der Ökumene zu gehen, d. h. den Weg zur Verwirklichung der einen Kirche Jesu Christi. Dieser Weg ist unumkehrbar! Und das ist richtig und gut so! Denn ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Streben und Suchen nach der Einheit ein Geschenk des Heiligen Geistes ist.“

Er selbst habe als Pfarrer in St. Vitus in Visbek die Zusammenarbeit mit dem evangelischen Pfarrer sehr geschätzt. „Diese gemeinsame Erfahrung hat meine Seele ökumenisch geprägt!“, berichtete der Weihbischof. „Damit war das gemeinsame Wachsen in einer Haltung verbunden, die ich so beschreiben möchte: wir planen und gestalten unser gemeinsames Engagement nicht mit Dingen und Themen, die den anderen in Bedrängnis bringen, sondern wir suchen das Gemeinsame.“

 

Er würde sich daher wünschen, dass der 500. Jahrestag der Reformation an unterschiedlichen Stellen und zu verschiedenen Anlässen auch miteinander begangen werden könne. „Konstruktiv, würdig und auf eine gemeinsame Zukunft ausgerichtet.“ Schließlich sei der 500. Jahrestag auch für die katholische Kirche eine Herausforderung, die Einheit neu in den Blick zu nehmen.

 

„Wie das gelingen kann, weiß ich nicht, und doch sehe ich da eine Chance, die womöglich nicht verpasst werden sollte. Wir wissen doch inzwischen, dass uns mehr miteinander verbindet als uns voneinander trennt. Und nicht zuletzt hat die Reformation deutlich ins Bewusstsein gebracht, dass die Kirche eine ‚ecclesia semper reformanda’ ist, d. h. von Christus gerufen sich ständig erneuern lassen muss. Dazu gehört die Bereitschaft, sich durch den Glauben und das Zeugnis des je anderen in der Begegnung untereinander verändern zu lassen.“

„Die konfessionellen Spaltungen sind mit dafür verantwortlich, dass Christentum und Kirche an Bedeutung und Überzeugungskraft verloren haben“, mahnte Timmerevers. Darum sei der Weg zur sichtbaren Einheit der einzig richtige. Diese Einheit brauche nicht uniform zu sein, „aber sie muss bei aller Vielfalt konturiert und klar in der Melodie erkennbar sein. Es gibt schon allein deswegen keine Alternative zur ökumenischen Weiterarbeit. Das hat auch die katholische Kirche erkannt. Bei allem Hin und Her der Kräfte steht sie zu dem Ziel der sichtbaren Einheit.“

 

Weihbischof Timmerevers forderte am Ende seines Vortrags alle Beteiligten dazu auf, den hier im Oldenburger Land eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Je näher wir uns kommen, umso sensibler werden wir füreinander sein. Je näher wir uns kommen, umso mehr werden wir die Verletzungen und Verwundungen der Vergangenheit spüren und miteinander heilen können. Lassen wir also Nähe zu, in den Gemeinden, in den gemeinsamen Diensten, in der Zusammenarbeit für Kirche und Gesellschaft, in Gebet, Verkündigung und im gemeinsamen Zeugnis.“

Der Oldenburger Bischof Jan Janssen betonte, die Horizonte gemeinsamen Unterwegsseins im ökumenischen Miteinander und die Dimensionen gemeinsamen Wachstums im Oldenburger Land seien einladend, aber sie forderten zugleich auch dazu auf, Muster und Schubladen hinter sich zu lassen.

Im Oldenburger Land seien evangelisch-lutherische und katholische Kirche bereits seit Jahrzehnten ökumenisch gemeinsam unterwegs. „Unser Dialog, der bundesweit erste unter den Kirchenleitungen, wird 2016 50 Jahre alt!“, so Bischof Janssen. Gemeinsam unterwegs zu sein, gelte im Oldenburger Land auch ganz persönlich, denn beide Bischöfe begegneten sich regelmäßig zum Austausch.

Angesichts der immer höher werdenden Ansprüche an das, was die Kirchen gesellschaftlich leisten sollten, mache beiden manche quantitative Bilanz aber auch Mühe. Beiden Kirchen sei es zugleich ein Anliegen, mit Respekt die Qualität der Arbeit zu würdigen, „die in unseren lebendigen Gemeinden und fachlichen Arbeitsfeldern geschieht.“

 

Mit Blick auf das Ökumene-Dekret, das vor 50 Jahren im Rahmen des II. Vatikanischen Konzils von der katholischen Kirche verabschiedet worden war, betonte Bischof Jan Janssen, dass sich beide freuten „am Erfolg der je anderen“. In diesem Sinne gingen auch er und Weihbischof Timmerevers auf den 500. Geburtstag der Reformation im Jahr 2017 zu.

Im Anschluss an den Vortrag von Weihbischof Timmerevers bestand Gelegenheit zu Begegnung und Gesprächen. Der alljährliche Adventsempfang der oldenburgischen Kirche wurde musikalisch gestaltet von dem Trio Continuum mit Dirk Piezunka (Saxophon), Martin Flindt (Gitarre) und Jens Piezunka (Bass) sowie Tobias Götting (Orgel).

 

Die Andacht von Bischof Jan Janssen zum Auftakt des Adventsempfanges finden Sie hier.

Adventsempfang der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg in der Oldenburger St.-Lamberti-Kirche: Weihbischof Heinrich Timmerevers, Synodenpräsidentin Sabine Blütchen und Bischof Jan Janssen mit den Musikern des Trios Continuum. Alle Fotos: ELKiO/Dirk-Michael Grötzsch
Weihbischof Heinrich Timmerevers aus Vechta war Gastredner beim Adventsempfang in der Oldenburger St.-Lamberti-Kirche.
Weihbischof Heinrich Timmerevers: gute Vor-Ort-Ökumene in unseren Gemeinden ist „zuallererst ein Geschenk Gottes, seine Gabe an uns im Heiligen Geist.“
Synodenpräsidentin Sabine Blütchen
Bischof Jan Janssen: „Unser Dialog, der bundesweit erste unter den Kirchenleitungen, wird 2016 50 Jahre alt!“
Der Adventsempfang der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg in der Oldenburger St.-Lamberti-Kirche war gut besucht.
Als Dank überreicht Bischof Janssen an Weihbischof Timmerevers eine Fotografie von Jerusalem in der Wesermarsch. Das Foto stammt aus dem Buch „…ein Land, das ich dir zeigen will“ - Biblische Orte im Oldenburger Land, das Bischof Janssen gemeinsam mit dem Wilhelmshavener Fotografen Klaus Schreiber veröffentlicht hat.
Der Adventsempfang der oldenburgischen Kirche wurde musikalisch gestaltet vom Trio Continuum mit Dirk Piezunka (Saxophon), Martin Flindt (Gitarre) und Jens Piezunka (Bass)
Trio Continuum