Am Abendbrottisch erzählt Jonas Ozodzodzi von seiner Schwiegermutter. Die frühere Lehrerin kümmert sich in einem Ort in Ghana ehrenamtlich um ältere Menschen. Dabei ist die Rentnerin selbst schon rund 80 Jahre alt. Sie finde es schön, berichtet der Schwiegersohn, wieder eine Aufgabe zu haben.
In fast jedem größeren Dorf in der Volta Region im Osten Ghanas gibt es inzwischen Begegnungsstätten wie die, in der die 80-Jährige sich engagiert. Zweimal in der Woche kommen dort Senioren zusammen, um sich auszutauschen, Gesellschaftsspiele zu spielen oder sich gesundheitlich untersuchen zu lassen. Viele von ihnen haben sonst niemanden. Die jungen Leute zieht es der Arbeit wegen in die Städte. Eltern und Großeltern bleiben allein zurück. Kirche ist eine Gemeinschaft. Wir wollen, dass auch ältere Menschen diese Gemeinschaft erleben, sagt Reverend Godwin Osiakwa, wie Jonas Ozodzodzi Vertreter der Evangelical Presbyterian Church Ghana (EPC). Die Treffen würden zwar von Gemeindemitgliedern organisiert, stünden jedoch allen offen.
Aktuell sind die beiden Ghanaer in Deutschland zu Gast. Als zwei von 42 Delegierten nehmen sie an der 194. Hauptversammlung der Norddeutschen Mission (NM) im Blockhaus Ahlhorn teil. Das 1836 gegründete evangelische Missionswerk setzt sich aus sechs Mitgliedskirchen zusammen: die Bremische Evangelische Kirche, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, die Evangelisch-reformierte Kirche (Landeskirche), die Lippische Landeskirche sowie die Eglise Evangélique Presbytérienne du Togo (EEPT) und die EPC.
So war am Montagnachmittag das Vater unser gleich in drei Sprachen aus der Kapelle beim Blockhaus zu hören auf Deutsch, Englisch und Französisch. In seiner Andacht erinnerte Bischof Jan Janssen an die biblische Erzählung von Jona und der Stadt Niniveh. Unglücklicherweise wissen in diesen Tagen Christen in Mitteleuropa, und vielleicht ebenso Christen im Westen Afrikas, nur wenig über die Region des heutigen Ninivehs, so der Bischof. Manchmal denke ich, wir in Mitteleuropa sind ein wenig wie Jona, der nicht nach Nineveh sehen wollte und zu ängstlich oder faul war, dorthin zu gehen. Wie er laufen wir vor Gottes Auftrag und unserem Dienst an den dortigen Einwohnern und der Region davon, rief er die Anwesenden zu mehr Solidarität mit den Menschen im Irak auf.
Zwei Tage lang diskutieren die Teilnehmer nun in idyllischer Abgeschiedenheit über die aktuellen Herausforderungen in ihren Kirchen und Gemeinden. Dazu gehört neben dem Ageing, dem Altwerden, auch der Schwerpunkt Klimagerechtigkeit. Experte auf diesem Gebiet ist NM-Bildungsreferent Dr. Emmanuel Noglo.
In Togo geboren, studierte und promovierte der heute 41-Jährige in Deutschland. Inzwischen arbeitet er auf der dreijährigen Projektstelle "Globalisierung konkret: Klimagerechtigkeit". Von den Konsequenzen der Industrialisierung werden die Menschen in den Entwicklungsländern besonders hart getroffen. Obwohl sie so wenig davon profitiert haben, sagt der Politologe. Daher sollten die reicheren Länder den ärmeren dabei helfen, mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden.
Bringt der Bildungsreferent Kindern die Themen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit näher, geht er die Aufgabe am liebsten spielerisch an. Darüber komme man am besten ins Gespräch, sagt er. In Ghana und Togo kann das schon einmal für verdutzte Blicke sorgen. Dort sind die Schüler eher an frontalen Unterricht gewöhnt. Die haben sich ziemlich gewundert, als sie nach draußen gehen und Steine sammeln sollten, schmunzelt er. Ganz anderes erlebte der 41-Jährige in Deutschland. Da sprang eine Fünfjährige in Oldenburg nach einem Spiel spontan auf und erklärte, dass alle viel mehr für Klimagerechtigkeit tun müssten. Mich überrascht eigentlich nichts so schnell, verrät Emmanuel Noglo, aber das war schon ein besonderes Erlebnis.
Melanie Thiel de Gafenco