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Unter dem Motto „Das Auge sieht sich niemals satt (Pred 1,4) - Der Seher Horst Janssen“ hielt Bischof Jan Janssen am Dienstagabend, 17. Oktober, einen Vortrag im Oldenburger Horst-Janssen Museum, indem er „an ausgewählten Beispielen zum Beobachten einlud und sie mit Glaubensaspekten verknüpfte“.

 

Bereits in seiner Schulzeit hätten ihn die Zeichnungen und Aufzeichnung von Horst Janssen begleitet, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Und bis heute lasse er sich gern „von seiner hellwachen, seiner seherischen Haltung gegenüber den Gegenständen anregen. Gerne halte ich mich an das, was Janssen selbst gekritzelt hat, in Worten ‚querbeet, an und für mich und anderes mehr

 

Das Zeichnen und Schreiben von Horst Janssen lade ein, rufe auf, provoziere – zum Schnuppern – „gerade so wie der Martin Luther, dessen reformatorische Entdeckungen nun vor 500 Jahren begonnen haben. Luther hält jedes biblische Wort für ‚ein Kräutlein’.“ Je mehr man es reibe, desto mehr dufte es.

 

Auch wenn Horst Janssens mehrfach eine deutliche Ablehnung aller festen religiösen Verortung formuliert habe, könne er aber „wenigstens so etwas wie Gemeinsamkeiten in der Blickrichtung mit biblischen Sehern entdecken“, sagte Bischof Janssen. So könnte beispielsweise die jüdisch-christliche Vorstellung von der Vergänglichkeit alles Irdischen, das im Buch vom Prediger Salomo als „alles ist eitel“ beschrieben und von Martin Luther als „nichtig“ übersetzt wurde, durch viele Radierungen von Horst Janssen angemessen illustriert wäre. Denn diese Vorstellung bedeute keine  frustrierte oder depressive Abkehr vom Leben, sondern sei wie in einer Gegenbewegung ein Aufbegehren gegen den Tod, eine Hinwendung zum Leben,  „geradezu ein widerständiges Feiern des Lebens.“ „Gerade so wie mir scheint, Horst Janssen wolle in seinen Motiven noch den letzten funkelnden Rest Leben herausholen und hervorheben.“

 

Bisher kenne er kein eindeutig erkennbares Jesus-Motiv von Horst Janssen, sagte Bischof Janssen weiter, aber umso häufiger habe er, vor allem in Selbstbildnissen, „Gesichter gewissermaßen wörtlich genommen“ dargestellt, als ‚das am Menschen Gesehene’. Dabei mache er uns mit einem Anblick so bekannt, „wie Pontius Pilatus es im Johannesevangelium mit Jesus tut, dem zum Tode verurteilten und zur Kreuzigung bestimmten Leidenden – und dazu spricht: ‚Ecce homo’ – Seht, welch ein Mensch (Joh 19,5)!“

 

Janssen habe kein gutes Haar „an den Vertröstern mit ihren Allgemeinplätzen alle Art“ lassen können  „– auch nicht an denen der Religion“, führte der oldenburgische Bischof weiter aus. Dafür habe er viel zu sehr das Jetztundhier und das Genaue beansprucht. Anderen Lebensentwürfen hätten einen großen Schwall von Kritik bekommen. Es sei ein massives, wortmächtiges Aufbegehren vor allem gegen Lüge und Heuchelei aller Orten gewesen. Und dann gab es doch wieder „– bei aller Todesorientierung – eine fast schelmische Inanspruchnahme von Transzendenz“. 

 

Jedes menschliche Sehen des Menschen bleibe, bei aller genialen Genauigkeit, immer  ein gebrochenes, ein fragmentarisches Sehen. Dass habe der Apostel Paulus  in einem seiner schönsten Gedankengänge ausgerechnet zur Liebe im 1. Korinther-Brief beschrieben, schloss Janssen seinen Vortragen Und über die Sätze und Ansichten, wäre er gern mit Horst Janssen ins Gespräch gekommen. „Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ (1. Kor 13)

Jutta Moster-Hoos, wissenschaftliche Leiterin des Horst-Janssen-Museums in Oldenburg und Bischof Jan Janssen mit dem Selbstbildnis "Karfreitag veredelt" von Horst Janssen aus dem Jahr 1974.
Mit zahlreichen Zitaten und Bildern von Horst Janssen illustrierte der oldenburgische Bischof seinen Vortrag.
Bischof Janssen warf einen theologischen Blick auf den "sehenden Kritzler". Fotos: ELKiO/ H.-W. Kögel