Das neue Bündnis gegen Depression Weser-Ems geht mit vielen Unterstützerinnen und Unterstützern an den Start. Schirmherren des Bündnisses sind Bischof Jan Janssen und Weihbischof Heinrich Timmerevers.
Es ist dunkel, die Sicht nach draußen verschwommen: Wer unter einen der schwarzen Schirme tritt, die das Bündnis gegen Depression Weser-Ems vor dem Alten Landtag in Oldenburg aufgestellt hat, zieht sich damit hinter eine Gardine aus bodenlangem Stoff von der Außenwelt zurück. Ich komme mir nutzlos vor, Alle hassen mich, Ich fühle mich allein, Mein Leben geht den Bach runter steht auf am Stoff angehefteten Zetteln Beschreibungen, wie depressive Menschen ihren Alltag empfinden. Um über die Krankheit Depression aufzuklären, ist das Bündnis jetzt an die Öffentlichkeit getreten. 30 regionale Institutionen unterstützen das Ziel, Versorgungsangebote in der Region zu bündeln, zu vernetzen und so insgesamt die Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
Wir möchten vermitteln, dass Depression jeden treffen kann, es aber auch gute Behandlungsmöglichkeiten gibt, erklärte Projektleiterin Jeanette Böhler von der Karl-Jaspers-Klinik bei der Auftaktveranstaltung am Mittwoch, 17. Juni, im Alten Landtag in Oldenburg. Das Bündnis gegen Depression Weser-Ems wurde von der Karl-Jaspers-Klinik, einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie in Bad Zwischenahn/Wehnen, initiiert.
Im Mittelpunkt stehen Angebote in der Region Weser-Ems. Veranstaltungen und Schulungen richten sich an Betroffene und Angehörige, medizinisches Fachpersonal und Berufsgruppen wie etwa Hausärzte, Lehrer und Seelsorger sowie Führungskräfte aus Unternehmen. Auch die Öffentlichkeit soll angesprochen werden. Schirmherren sind Bischof Jan Janssen und Weihbischof Heinrich Timmerevers, Unterstützer unter anderem die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, die Diakonie im Oldenburger Land, der Landes-Caritasverband für Oldenburg e.V., das Bischöflich Münstersche Offizialat sowie Landkreise, die Stadt Oldenburg, Kliniken, Krankenkassen, die Oldenburgische IHK und die Handwerkskammer Oldenburg.
Wir wollen das Miteinander der vorhandenen Kräfte stärken, sagte Bischof Jan Janssen. Es ist wichtig, Vorurteile und ein Schubladendenken in Bezug auf die Krankheit Depression abzubauen. Dort draußen unter dem Schirm habe ich die Sprüche gelesen, zum Beispiel Ich kann nicht mehr. Aber geht es um ein Gefühl im Sinne von Ich bin urlaubsreif oder ist man ernsthaft krank und braucht Hilfe? Das ist ein Graubereich, für den wir die Sensibilität fördern wollen.
Es ist wichtig, dass die Kirchen die Menschen, die leiden, in den Blick nehmen, so Weihbischof Heinrich Timmerevers. Es ist unser Auftrag, zu helfen und zu zeigen, dass wir da sind, dass wir für Betroffene auch Brücken bauen können zu qualifizierten Einrichtungen. Wir wollen dieses Krankheitsphänomen in der kirchlichen Öffentlichkeit präsent machen, in der ganzen Gesellschaft.
In den kommenden drei Jahren ist eine Reihe von Aktionen in der Region Weser-Ems geplant. Durch gezielte Aufklärung lässt sich die Suizidrate nachgewiesenerweise senken, so Professorin Dr. Alexandra Philipsen von der Karl-Jaspers-Klinik.
Aus kommunaler Sicht wollen wir die vorhandenen Angebote noch bekannter machen und Ängste abbauen, Hilfen anzunehmen. Wir wollen die Krankheit von der Scham befreien, erklärte Landrat Sven Ambrosy, Gesellschaftervertreter der Karl-Jaspers-Klinik. Dazu braucht es Vorbilder, die für eine Enttabuisierung sorgen. Die Vernetzung der Regionen auf kommunaler Ebene ist eine Kernaufgabe. Wir wollen das Thema Depression in die Öffentlichkeit bringen, und damit auch den Ärztenachwuchs für den ländlichen Raum ansprechen.
Für Betroffene ist es oft schwer, an den Punkt zu kommen, dass sie sagen: Ich brauche Hilfe. Wenn wir es schaffen, diese Schwelle herabzusetzen, ist das schon die halbe Miete, ergänzte Dr. Christian Figge von der Karl-Jaspers-Klinik.
Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Laut Studien zählen bei der Mehrheit der Suizide Depressionen zu den Hauptursachen. In Deutschland leiden derzeit ca. vier Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Jede fünfte Bundesbürgerin / jeder fünfte Bundesbürger erkrankt einmal im Leben an einer Depression. Allerdings erhält nur eine Minderheit der Erkrankten eine optimale Behandlung, da Depressionen noch immer häufig übersehen werden.
Das Bündnis gegen Depression Weser-Ems setzt auf gezielte Information und Öffentlichkeitsarbeit in der Region. Es ist Teil der bundesweiten Initiative Deutsches Bündnis gegen Depression e.V., die unter dem Dach der Deutschen Depressionshilfe agiert. Derzeit gibt es mehr als 70 regionale Bündnisse. Weitere Infos finden sich unter www.buendnis-depression.de
Ein Beitrag von Antje Wilken.