Rund 120 Notfallseelsorger sind innerhalb der oldenburgischen Kirche ehrenamtlich und etwa 55 weitere hauptamtlich im Einsatz. Sie waren die Zielgruppe des diesjährigen Tages der Notfallseelsorge. Zu ihm hatte Pfarrerin Julia Neuschwander in das Evangelische Bildungshaus Rastede eingeladen: Die Theologin leitet in der oldenburgischen Kirche das Referat Seelsorge und ist unter anderem für Notfallseelsorge zuständig.
Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt
Außerdem waren neben sonstigen Interessierten alle psychosozialen Notfallversorger aus den Hilfsorganisationen willkommen, die im Bereich der oldenburgischen Kirche arbeiten. Vor allem sind das das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser und die Johanniter. Mehr als 30 Menschen waren der Einladung gefolgt.
„Die Veranstaltung diente dem engeren Informations- und Erfahrungsaustausch“, erläuterte Julia Neuschwander. Nicht zuletzt habe sie das Zusammengehörigkeitsgfühl der Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger intensivieren sollen. Deshalb seien die zahlreichen Pausen, in denen sich die Anwesenden mit Speisen und Getränken stärken konnten, besonders wichtig gewesen.
Im Mittelpunkt des Tages der Notfallseelsorge standen die Themen „Trauma und Resilienz“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer näherten sich ihnen in mehreren Workshops und zwei Vorträgen. Den ersten Vortrag hielt Jessica Macke. Sie koordiniert die Notfallseelsorge im Kirchenkreis Ammerland und ist als ehrenamtliche Notfallseelsorgerin aktiv. Beruflich betätigt sich Jessica Macke als Traumafachberaterin sowie als Resilienz- und Achtsamkeitstrainerin.
„Selbstfürsorge geht vor!“
Um diese beruflichen Schwerpunkte ging es in den Ausführungen der Expertin. Ihr Hauptanliegen: „Wer anderen helfen will, muss gesund bleiben. Selbstfürsorge geht vor!“ Jessica Macke präsentierte mehrere Ansätze und Modelle, die in einen „Selbstfürsorgekoffer“ gehören (wie zum Beispiel Atemübungen, Bewegungstrainings und einen so genannten imaginären Schutzmantel). Den sollten Helferinnen und Helfer packen, riet Jessica Macke.
Ein zusätzlicher Aspekt: In Notfallseelsorge-Situationen ist eine Herangehensweise erforderlich, die die Referentin als „trauma-sensibel“ beschrieb. Traumatische Belastungen bei den Hilfsbedürftigen müssten rechtzeitig erkannt und Sekundärtraumatisierungen bei den Helfenden vermieden werden: Bei Sekundärtraumatisierungen entwickeln Angehörige oder Helfer Symptome, die denen der primär Traumatisierten ähneln.
Beim zweiten Vortrag hatte Professor Dr. Gerd Hilligweg aus Varel das Wort. Der Dekan des Fachbereiches Wirtschaft der Jade Hochschule Wilhelmshaven befasst sich innerhalb und außerhalb der Hochschule mit Mediation und Konfliktmanagement. Nach einigen Irrungen und Wirrungen fand der Wissenschaftler zum katholischen Glauben zurück – auch in Folge einer vor wenigen Jahren aufgetretenen chronischen Nervenerkrankung. Die habe ihn demütiger und lebensbejahender werden lassen, berichtete Hilligweg, Vorsitzender des Katholischen Bildungswerkes Varel.
„Resilienz nur bedingt erlernbar“
Der Referent stellte unter anderem verschiedene wissenschatliche Erkenntnisse aus der Resilienzforschung vor. Eine der Schlussfolgerungen: „Resilienz ist nur bedingt erlernbar und ein guter Teil angeboren.“ Nicht jeder Betroffene könne aus Krisensituationen wieder „auferstehen“. Diesen Grenzen des Handelns müssten sich auch die Notfallseelsorger bewusst sein, so Gerd Hilligweg.
Zum Abschluss des ganztägigen Tages der Notfallseelsorge, dessen Teilnahme übrigens kostenlos war, zeigte sich Organisatorin Julia Neuschwander sehr zufrieden. Vor allem den Dialog zwischen Helferinnen und Helfern von innerhalb und außerhalb der Kirche bewertete sie positiv.
Zufrieden mit ihrer Teilnahme war auch Ute Gode aus dem Landkreis Oldenburg. Seit zwei Jahren unterstützt sie die Malteser in der Notfallseelsorge, hatte bereits 50 Einsätze. „Beim Tag der Notfallseelsorge haben wir unsere Blickwinkel deutlich erweitern können“, schilderte Ute Gode. Die Workshops und Vorträge hätten sie „bereichert“, der Austausch über Erlebtes gut getan.
Die nächste Veranstaltung dieser Art soll 2025 ausgerichtet werden. Das kündigte Julia Neuschwander an. In zwei Jahren wird ebenfalls der nächste Ausbildungsgang in der Notfallseelsorge starten.
Ein Beitrag von Thomas Klaus