Der oldenburgische Bischof Thomas Adomeit hat mehr Engagement in Politik und Gesellschaft für den Frieden gefordert. "Es ist entsetzlich, dass Krieg als Ultima Ratio - also als letztes Mittel - wieder eine politische Option geworden ist", sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf die biblische Jahreslosung "Suche Frieden und jage ihm nach" für 2019.
In der Politik sei ein Wechsel weg von der Verteidigungshaltung und hin zu einer politischen Einflussnahme mit Gewalt zu beobachten, sagte Adomeit. "Ich glaube, dass manches Tun nicht unter dem Label, den Frieden zu sichern, gedacht wird, sondern als Interessensvertretung. Da müssen wir als Kirche den Finger heben und fragen: Wer verfolgt hier welches Interesse?"
Es sei ein Problem, dass die Generation derjenigen weniger werde, die Krieg erlebt hätten, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Die absolute Wertschätzung des Friedens drohe in Vergessenheit zu geraten. "Die Erlebnisgeneration kann uns nicht mehr berichten, wie es ist zu hungern oder zu hören, wenn Fliegerbomben fallen." Die Kirchen stünden vor der Aufgabe, den "unglaublichen Wert von Frieden" für die Menschen wieder hervorzuheben.
Um Menschen in bedrohlichen Situationen zu schützen, müsse nicht zwangsläufig zu militärischer Gewalt gegriffen werden, mahnte der Theologe. Die Geschichte lehre bis in die Gegenwart, dass Gewalt immer Gegengewalt produziere. "Jesus hat gesagt, haltet auch die andere Wange hin." Erst wenn Gewalt nicht mehr mit Gewalt beantwortet werde, gebe es eine Chance für echten Frieden.
Gefahr drohe auch dem friedlichen Miteinander in Deutschland, mahnte Adomeit. Kontroversen würden immer häufiger voller Aggression und mit hasserfüllter Polemik ausgetragen. "Das steht uns nicht gut an in unserer Gesellschaft."
Die Gefährdung gehe von politischen Extremisten aus, die versuchten, die Gesellschaft zu spalten. Es seien menschenverachtende Dinge wieder aussprechbar geworden, die bisher mit einem Tabu belegt gewesen seien, kritisierte der Bischof. "Diese Verrohung der Sprache prägt schon jetzt die Kultur. Dagegen müssen wir aufstehen und mit unserer Sprache der christlichen Nächstenliebe widersprechen."
Der neue Oldenburger Bischof Thomas Adomeit wirbt zudem für eine politische Kirche. Die Menschen erwarteten von ihrer Kirche eine Orientierung für die Gesellschaft, sagte der 48-jährige Theologe. "Neben der Verkündigung des Evangeliums bleibt es eine Aufgabe des Bischofs, öffentlich Fragen an die Politik zu stellen und Antworten einzufordern." Dabei müsse es um die Finanzierbarkeit von Sozialstationen genauso gehen wie etwa um die Folgen der Digitalisierung.
Adomeit wurde Ende September zum Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg gewählt. Am 23. Januar wird er in der Oldenburger St. Lambertikirche offiziell in sein Amt eingeführt.
Ein wichtiges Anliegen sei ihm, die Ökumene im Oldenburger Land zu stärken, sagte Adomeit. Diese Botschaft nehme er auch von der katholischen Seite wahr. Seit mehr als 50 Jahren pflegten die evangelische und die katholische Kirche in der Region das Gespräch auf Kirchenleitungsebene. "Die Kirche der Zukunft kann nur ökumenisch gedacht werden", unterstrich er.
Dass das Abendmahl noch nicht gemeinsam gefeiert werden könne, sei jedoch ein "Schmerzpunkt", den aber auch die katholische Seite so formuliere. Er sei sich aber sicher, "dass wir eines Tages gemeinsam am Altar des Herrn stehen und zusammen Abendmahl feien können", sagte Adomeit: "Ich hoffe, ich erlebe es. Die Geschwindigkeit an dieser Stelle geben die katholischen Geschwister vor."
Seine eigene Kirche sei derzeit sehr auf die Konsolidierung von Strukturen und der finanziellen Möglichkeiten konzentriert, sagte der Bischof. Viele Haupt- und Ehrenamtliche in der Kirche blickten besorgt auf die Synode und fragten sich, wo der nächste Sparschnitt erfolgt. Adomeit warb um Vertrauen: Die Synodalen seien mit kritischem, aber auch zuversichtlichem Blick dabei, die oldenburgische Kirche zu erneuern und zukunftssicherer zu machen. Er wolle dafür sorgen, dass dieser Prozess transparent erfolgt.
Der Bischof kündigte an, im neuen Jahr alle Kreiskirchenräte zu besuchen und über die anstehenden Veränderungen Gespräche zu führen, besonders auch über die Entwicklung der Pfarrstellen. Die Kirche will bis zum Jahr 2030 fast jede dritte Pfarrstelle abbauen.
Jörg Nielsen/epd