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Die Kirchen in der Ukraine haben nach Ansicht des Oldenburger Bischofs Jan Janssen eine große Chance, friedensstiftend auf die Gesellschaft einzuwirken. Sie seien unabhängig von Parteien und politischen Interessen, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg am Montag nach seiner Rückkehr von einer viertägigen Reise in das osteuropäische Land. Janssen nahm als deutscher Vertreter einer zehnköpfigen Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) an der Reise in die Ukraine (17.–20. März) teil.

Die Delegation unter Leitung des ÖRK-Generalsekretärs Olav Fykse Tveit führte Gespräche mit dem Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen. Tveit sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf, die Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Ukraine hätten den Weltkirchenrat gebeten, sich in einen Friedensprozess einzuschalten. Im Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen sind orthodoxe, katholische, protestantische, jüdische und muslimische Glaubensgemeinschaften vertreten.

Die Menschen in dem osteuropäischen Land sehnten nach fast einem Jahr des Blutvergießens die Rückkehr eines normalen Lebens herbei, sagte der ÖRK-Generalsekretär. Die orthodoxe Kirche in der Ukraine ist in ein Moskauer und ein Kiewer Patriarchat gespalten. Das Verhältnis der beiden großen orthodoxen Kirchen ist angespannt. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat) wolle eine einseitige Parteinahme in dem Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten vermeiden, sagte Tveit.

Bischof Jan Janssen sprach sich eindeutig gegen Waffenlieferungen in die Krisenregion aus. Dadurch werde der Konflikt nur angeheizt. Der Westen müsse vorsichtig sein, der Ukraine sein Denken und seine Wirtschaftsstrukturen überstülpen zu wollen, mahnte er. „Das Land ist eine Pufferzone zwischen Ost und West, und es muss einen vernünftigen Umgang mit seinem Nachbarn Russland erreichen.“

Anders als in anderen Krisenregionen der Welt werde in der Ukraine der Konflikt nicht durch Religionsgemeinschaften verschärft, sagte der Bischof. Seit 15 Jahren gelinge dem Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen ein Konsens in unterschiedlichen Fragen. "Das ist ein hohes Gut, das wir unterstützen müssen“, sagte Janssen.

Die Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen habe dem Gesamtukrainischen Rat Hilfe zugesichert. Zudem wolle sie erreichen, dass er künftig als Ansprechpartner von Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen in den Fokus gerückt werde. „Damit erreicht man eine gewaltige Bandbreite jenseits von Parteiinteressen.“

Wichtig seien außerdem Gespräche mit dem Metropoliten der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats gewesen, sagte Janssen. Ihr gehörten rund 70 Prozent der Christen in der Ukraine an. Obwohl Moskau unterstellt, trage die Kirche die Entscheidungen der russischen Regierung nicht mit, erläuterte der Bischof. „Sie positioniert sich ganz klar für den Erhalt einer territorialen Einheit der Ukraine.“

Die Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen habe dem Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Gemeinschaften Hilfe zugesichert. Zudem wolle sie erreichen, dass er künftig als Ansprechpartner von Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen in den Fokus gerückt werde, sagte Janssen. Der Bischof sprach sich eindeutig gegen Waffenlieferungen in die Krisenregion aus. Dadurch werde der Konflikt nur angeheizt.

Im April 2014 brachen im Osten der Ukraine Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen aus. Die Konfliktparteien einigten sich im Februar 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung auf einen Waffenstillstand, der aber brüchig ist. Laut UN starben bislang Tausende Menschen in dem Konflikt.

Im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) sind 349 christliche Kirchen mit 560 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen. Weitere Informationen zum ÖRK finden Sie unter: www.oikoumene.org


Nach einem Beitrag des Evangelischen Pressedienstes Niedersachsen-Bremen.

ÖRK-Delegation in Kiew. Alle Fotos: ÖRK/Peter Prove
Treffen mit dem Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen.
Der Majdan (deutsch „Platz der Unabhängigkeit“) war zwischen November 2013 und Ende Februar 2014 Mittelpunkt der nach ihm benannten Euromaidan-Proteste, bei denen zahlreiche Menschen den Tod fanden.