Bei einem Besuch in Wilhelmshaven hat der evangelische Militärbischof Sigurd Rink die Unabhängigkeit der Militärseelsorge in der Bundeswehr betont. Sie stehe für ein Menschenbild jenseits militärischer Funktionalität, «für ein Menschenbild im Sinne der Grundwerte einer demokratischen Verfassung», sagte Rink am Donnerstag bei einem Vortrag im Deutschen Marinemuseum. Die Präsenz kirchlicher Arbeit in der Truppe sorge mit dafür, dass Menschen innerlich gestärkt und ermutigt ihren Weg gehen könnten, «dass sie couragiert sind, um kritisch und loyal Verantwortung zu übernehmen».
«Militärgeistliche sind Partner, nicht Claqueure», fasste der Bischof zusammen. Wegen ständig wechselnder Einsatzlagen werde von ihnen eine hohe Flexibilität verlangt. Ihre Seelsorge sei trotz einer Kirchenzugehörigkeit von unter 50 Prozent etwa bei den Marineangehörigen stark nachgefragt, sagte Rink laut Redemanuskript.
Gerade bei der Marine kann die Militärseelsorge seiner Einschätzung nach aufgrund der geringen Kirchenzugehörigkeit «als eine Art Zukunftslabor der Kirche» gesehen werden: «Wir sind heute schon mit einer post-volkskirchlichen Realität konfrontiert, die zumindest im Westen Deutschlands die zivilen Gemeinden erst in mehreren Jahren treffen wird.»
Rink ist seit 2014 Militärbischof. Er hat damit die Dienstaufsicht über die Militärpfarrer. Evangelische Militärpfarrämter gibt es eigenen Angaben zufolge an mehr als 100 Bundeswehr-Standorten in Deutschland. Ein am 22. Februar 1957 geschlossener Vertrag regelt die Seelsorge in der Bundeswehr als gemeinsame Aufgabe unter alleiniger inhaltlicher Verantwortung und Aufsicht der Kirchen. Der Staat ist organisatorisch und finanziell beteiligt, was Kritiker mit Blick auf die Unabhängigkeit bemängeln.
Im Marinemuseum besuchte Rink auch eine Sonderausstellung, die dort und in der Wilhelmshavener evangelischen Christus- und Garnisonkirche noch bis Ende Oktober läuft. Beide Häuser werfen unter dem Titel «Mit Schwert und Talar» einen kritischen Blick auf das Verhältnis von Kirche und Militär in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Beleuchtet werden dabei die Biografien der drei Pastoren Friedrich Ronneberger, Ludwig Müller und Martin Niemöller, die die evangelische Kirche und die Militärseelsorge auf unterschiedliche Weise prägten.
epd