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Berlin/Hannover (epd). Die Corona-Pandemie ist nach Überzeugung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, eine große Zäsur für die Menschen. «Wir sind zu sehr verwundet, zu sehr getroffen von der Ohnmacht gegenüber diesem kleinen Virus, das man überhaupt nur im Mikroskop sehen kann», sagte der Theologe in seiner Neujahrspredigt am Freitag im Berliner Dom laut Redemanuskript. «Dieser Bruch im Lebensgefühl geht einfach zu tief.»
   
Es gehe nicht nur um ein paar Verhaltensänderungen, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist: endlich mal wieder jemanden umarmen, einen unbeschwerten Ausflug machen, Besuch bekommen dürfen, ohne die Personen zu zählen. Man nehme inzwischen viel mehr wahr, wie kostbar so Vieles sei, was man bisher für selbstverständlich gehalten habe.
   
Auch wenn jetzt das Impfen begonnen habe und man die begründete Hoffnung haben dürfe, am nächsten Weihnachtsfest wieder singen zu dürfen und keine Masken mehr zu benötigen - «wir werden nicht mehr die gleichen sein wie vorher», sagte der evangelische Theologe. «Die Erfahrung der Pandemie hat niemanden kaltgelassen. Sie hat uns nachdenklich gemacht. Sie hat uns auch polarisiert.»
   
Mit Blick auf die Jahreslosung für 2021, «Jesus Christus spricht: Seid barmherzig wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist», sagte Bedford-Strohm, dass Barmherzigkeit wie ein Wegweiser für ihn in diesem neuen Jahr sei. Er denke dabei an Menschen, die Barmherzigkeit derzeit täglich übten - am Krankenbett, im Pflegeheim, in Krisengebieten oder bei der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer.
   
Er sei überzeugt, dass jeder zur Jahreslosung eine Geschichte erzählen könnte nach einem zermürbenden Jahr 2020. Immer wieder hätten die Nerven blankgelegen - wenn einem in der Ausgangssperre die Decke auf den Kopf gefallen sei; wenn Homeoffice, Eltern sein und Haushalt organisieren einfach zu viel geworden seien; wenn man sich gefragt habe, ob man die richtige Entscheidung getroffen habe für das Land, die Kirche, den Betrieb. Dabei seien Worte gefallen, die nicht hätten fallen sollen.
   
Wie wäre das, wenn das Jahr 2021 das Jahr der Umkehr zur Barmherzigkeit werde?, fragte Bedford-Strohm. «Wenn wir beginnen, uns über andere zu empören - einen Moment innehalten und uns an die eigenen Unzulänglichkeiten erinnern.» Oder: «Wenn die Nachdenklichkeit, die die schlimme Pandemie-Erfahrung bei vielen in Gang gesetzt hat, tatsächlich zu einem Neuanfang führt?» Das wäre ein gutes Leben, ein echter Neuanfang im Jahr 1 nach der Pandemie, betonte der Bischof.

 

Internet:www.ekd.de