Sie sind selten und tagsüber kaum zu sehen. Doch nachts kriechen sie auf der Suche nach Fressbarem gerne nackt über die Mauer des kirchlichen Gertrudenfriedhofs in Oldenburg. Gemeint sind Bierschnegel, eine seltene Nacktschneckenart, die Naturfreunde kürzlich im Verlauf einer mitternächtlichen Expedition im Schein ihrer Taschenlampen entdeckten, wie das Oldenburger Landesmuseum für Natur und Mensch am Donnerstag mitteilte.
Der Bierschnegel gilt in Niedersachsen und bundesweit als vom Aussterben bedroht. Anders als viele heimische Arten sei die einst aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland gekommene Schnecke aber noch häufiger als erwartet, erläuterte Museumssprecherin Jennifer Tadge. Sie lebt an alten Mauern und wurde früher oft in Bierkellern gefunden, was ihr zu ihrem Namen verhalf.
Aus Oldenburg war der Bierschnegel bisher nicht bekannt, was wohl auch an seiner Lebensweise liegt: Die Art ist streng nachtaktiv und verbringt den Tag meist sehr verborgen an geschützten Stellen. Bei der nächtlichen Suchaktion zählten die Naturfreunde auf der Friedhofsmauer immerhin ein Dutzend Exemplare, die eine typische Spur hinter sich ließen. Sie entsteht, wenn die Tiere Algen vom Untergrund abraspeln.
Auf dem Gertrudenfriedhof in Oldenburg gibt es eine Vielzahl kulturhistorisch bedeutender Grabsteine. Bestimmt wird die Anlage vom Mausoleum des herzoglich-oldenburgischen Hauses sowie von der Gertrudenkapelle, dem ältesten und einzigen erhalten gebliebenen mittelalterlichen sakralen Bauwerk der Stadt. In neuerer Zeit wurden dort unter anderen die Bildhauerin Anna Maria Strackerjan und der Maler Horst Janssen bestattet.
epd