Brake/Kr. Wesermarsch (epd). Die Behörden im Landkreis Wesermarsch haben nach Angaben des Niedersächsischen Flüchtlingsrates eine 15-jährige Albanerin am 17. August verhaftet und abgeschoben, ohne ihre bereits freiwillig ausgereisten Eltern zu benachrichtigen. Die Minderjährige habe bei Freunden der Eltern gelebt und am 1. August eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten angetreten. Der Flüchtlingsrat kritisierte einen «missachtenden, rücksichtslosen» Umgang mit der Jugendlichen. Er forderte den Landkreis auf, ihr die Rückkehr zu erlauben, damit sie ihre Ausbildung fortsetzen könne. Eine Sprecherin der Ausländerbehörde wies die Anschuldigungen zurück.
Die Behörden-Sprecherin sagte auf Nachfrage dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass die Abschiebung vom Verwaltungsgericht in Oldenburg und dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg als rechtens erklärt worden sei. Weitere Informationen könnten wegen des Wochenendes erst am Montag erteilt werden.
Dem Flüchtlingsrat zufolge verfügte die 15-Jährige über eine sogenannte Grenzübergangsbescheinigung, die noch bis zum Ende des Monats gültig gewesen sei. Die Behörden hätten ihr damit Zeit für eine freiwillige Ausreise bis Ende August bewilligt. Eine Abschiebung sei also noch gar nicht vollziehbar gewesen. Um ihre Ausbildung beenden zu können, habe die Jugendliche für die Zeit der Lehre eine Duldung beantragt. Doch ohne den Antrag zu entscheiden, hätten die Behörden die Abschiebung eingeleitet.
Nach Ansicht des Flüchtlingsrates verstößt dieses Vorgehen gegen die einschlägigen Normen zum Schutz von Minderjährigen. Außerdem verstoße die Abschiebung gegen einen sogenannten Vorgriffserlass. Darin bittet das Innenministerium mit Blick auf ein in Kürze in Kraft tretendes Gesetz, Jugendliche weiterhin zu dulden, die zum 1. August eine Ausbildung angetreten haben.
Als die Abgeschobene am Flughafen in Albanien angekommen sei, habe sie niemand angeholt, weil die Eltern nicht informiert waren, hieß es. Grundsätzlich dürften laut Gesetz Minderjährige jedoch nur dann abgeschoben werden, wenn sichergestellt sei, dass Familienmitglieder, Personensorgeberechtigte oder eine geeignete Aufnahmeeinrichtung die Kinder in Empfang nehmen und unterbringen können. Bei jeder Abschiebung von Minderjährigen müsse zudem vorab das Jugendamt eingeschaltet werden, um den Vorrang des Kinderschutzes vor aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zu gewährleisten.
Der Flüchtlingsrat bezweifle, dass das Jugendamt seine Aufgabe wahrgenommen habe, hieß es weiter. Pflegeeltern hätten zwar die Vormundschaft beantragt aber noch nicht bewilligt bekommen. Da die Minderjährige also keinen Vormund besaß, hätte das Jugendamt für ihre Rechte eintreten müssen.