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„Viele Menschen, Kirchenglieder, Mitarbeitende im Oberkirchenrat erinnern sich gern an Ihre Zeit im Oldenburger Bischofsamt und sind gekommen“, so Janssen. Auch für ihn sei es ein besonderer Moment, „als einer der vielen, die von Ihnen ordiniert wurden, diesen Gruß als Nach-Nachfolger im Amt aussprechen zu dürfen.“

 

Aus vielen Begegnungen erinnere er sich gut, so Bischof Jan Janssen, an „den freundlich zugewandten Menschen Wilhelm Sievers und – den geistlich leitenden Theologen, der keine Mühe hat, das Evangelium menschlich und verständlich weiterzusagen.“ Sievers, von 1985 bis 1998 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, habe gezeigt, „dass unser Glaube Sinn für Fragen hat – und, auch wenn er durch manche Prüfung und Bewährung geht, seine Kraft behält.“

 

In seiner Andacht zu Psalm 23 betonte Altbischof Sievers, dass es in allen seelsorgerlichen Bemühungen immer darum gehen müsse, das Leben in Beziehung zu Gott und seinem Wort zu bedenken. „Die Theologie muss sich der kritischen Auseinandersetzung mit den geistigen Strömungen der Zeit stellen“, so Sievers.

 

Ihm sei es immer darum gegangen, „wie der Glaube in der geistigen Auseinandersetzung denkend zu verantworten ist, wie Glaube und Denken, vor allem Naturwissenschaft und Theologie als komplementäre, sich ergänzende Größen zu verstehen seien, die sich nur gemeinsam der Wirklichkeit und Wahrheit des Lebens nähern können.“

 

Ein Glaube und eine Theologie, die nicht mehr offen von einem suchenden und fragenden Denken bewegt würden, erstarrten in allen Religionen zu einer Art Ideologie, die keinen Zweifel mehr zulasse und nicht selten unheilvolle Folgen habe, so Sievers. Mit Blick auf die aktuelle weltweite Situation betonte der Altbischof, dass Gott die Grenzen des Handelns der Menschen aufdecke und ihnen die falsche Hoffnung auf ein Leben ohne Risiko und Gefahren nehme.

 

In einem Festvortrag zum Thema: „Der Christenmensch im Recht – Staat-Kirche-Recht 500 Jahre nach der Reformation“ erinnerte der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Hans Ulrich Anke, daran, dass das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die weltanschauliche Neutralität des Staates im Sinne einer fördernden Neutralität verstehe.

 

Damit wandte sich Anke gegen Forderungen, das „vom Grundgesetz gewollte und garantierte Verhältnis von Staat und Kirche in unserem Lande zu revidieren“. Der „fördernde Impuls in Bezug auf Religionen und Weltanschauungen“ sei den „Vätern und Müttern des Grundgesetzes“ außerordentlich wichtig gewesen. Hierin bestehe ein zentraler Unterschied zu Verfassungsordnungen anderer Staaten zum Beispiel zur französischen Laicité.

Gerade die öffentliche Dimension, so Anke, trage dazu bei, dass Menschen ihr Leben am besten nach ihren religiösen Überzeugungen ausrichten können. Und sie führe dazu, dass unterschiedliche Religionsgemeinschaften voneinander wissen, neben- und miteinander wirken und sich wechselseitig respektieren könnten.

 

Die „öffentliche Dimension“, so der Präsident weiter, präge den „Diskurs über die Werte und Grundorientierungen einer Gesellschaft“. Dies sei auch dringend nötig, denn „unsere Gesellschaft lebt davon, dass sich in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, wie der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur oder auch der Religion die Vielfalt gesellschaftlicher Kräfte in Freiheit entfalten.“

 

Außerdem wandte sich Anke gegen die verbreitete Rede von der „hinkenden Trennung“ zwischen Staat und Kirche. Der Begriff, so der 42-jährige Jurist, der seit 1. Dezember 2010 das Kirchenamt der EKD in Hannover leitet, suggeriere „etwas Krankhaftes, zumindest Unvollendetes im Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften“, was überhaupt nicht der Realität entspreche, denn die Trennung zwischen Staat und Religionsgemeinschaften sei klar gewährleistet: „Der säkulare, religiös-neutrale Staat kann und darf nicht über religiöse Fragen befinden. Und die Religionsgemeinschaften können und dürfen nicht an Stelle des Staates dessen hoheitliche Aufgaben entscheiden.“

 

Dr. Wilhelm Sievers wurde am 5. April 1931 in Schönkirchen bei Kiel geboren. Nach seinem Theologiestudium in Kiel und Heidelberg studierte er noch zusätzlich Rechtswissenschaft in Bonn, das er mit einer Promotion abschloss. 1958 wurde Sievers zum Pastor ordiniert und trat noch im selben Jahr die Stelle eines Gemeindepastors in Kiel an. 1960 übernahm er als Brüderpastor die Ausbildung der Diakone am Schleswig-Holsteinischen Brüderhaus in Rickling und betreute einen Gemeindebezirk in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Rickling. Dort war er auch in den Anstalten des Landesvereins für Innere Mission als Seelsorger tätig. Von 1966 bis 1971 war Sievers Pastor in Kronshagen bei Kiel und nahm von 1971 bis 1985 das Amt eines Pastors und Propstes in Kappeln im Kirchenkreis Angeln wahr.

 

1985 wurde Dr. Wilhelm Sievers als Nachfolger von Dr. Hans-Heinrich Harms zum Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg gewählt und eingeführt. Er nahm dieses Amt bis 1998 wahr. Altbischof Dr. Wilhelm Sievers lebt seither im Ruhestand in Preetz in Holstein, wo er noch regelmäßig predigt. Sein Nachfolger im Oldenburger Bischofsamt war Peter Krug, der im September 2008 in den Ruhestand trat.

 

Hier finden Sie den <media 6315>Festvortrag zum Thema: „Der Christenmensch im Recht – Staat-Kirche-Recht 500 Jahre nach der Reformation“</media> von Dr. Hans Ulrich Anke, Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Format PDF.

Begegnung aus Anlass des 80. Geburtstages von Altbischof Dr. Wilhelm Sievers in Oldenburg (von li.): Bischof i.R. Peter Krug, Altbischof Dr. Wilhelm Sievers und Bischof Jan Janssen. Fotos: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Altbischof Dr. Wilhelm Sievers
Dr. Hans Ulrich Anke, Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)