Ein bisschen was von Zugvogelatmosphäre hatte der gewählte Ort durchaus: Der Gottesdienst anlässlich der Zugvogeltage fand nämlich im Foyer des Weltnaturerbeportals in Dangast statt. Ein Ort wo es nicht vornehmlich andächtig still war, sondern wo immer wieder Menschen durchliefen, die gerade andere Ziele hatten, als diesen Gottesdienst. Gerade das und der direkte Blick auf das Wattenmeer machten den Ort aber so geeignet für diesen besonderen Gottesdienst, darin waren sich Bischof Jan Janssen und der Geschäftsführer der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Peter Südbeck einig.
Die Zugvogeltage gibt es seit 2009, jedes Jahr im Herbst werden in einem Zeitraum von neun Tagen rund 150 Veranstaltungen angeboten, die den Menschen auf unterschiedliche Weise die Faszination des Phänomens Zugvögel näherbringen soll. In diesem Jahr gab es erstmals eine Kooperation mit der evangelisch-oldenburgischen Kirche. Deshalb gestaltete Bischof Janssen diesen besonderen Gottesdienst im Weltnaturerbeportal aus der Vogelperspektive unter dem Titel O hätte ich Flügel, entnommen aus Psalm 55: Mein Herz ängstet sich in meinem Leibe und Todesfurcht ist auf mich gefallen. Furcht und Zittern ist über mich gekommen und Grauen hat mich überfallen. Ich sprach: O hätte ich Flügel wie Tauben, dass ich wegflöge und Ruhe fände, heißt es dort und ist damit in der derzeitigen Situation rund um die Flüchtlingskrise hoch aktuell.
Bischof Janssen griff etliche Bibelstellen auf, in denen Vögel eine Rolle spielen. Der Blick aus der Vogelperspektive sei aber nicht als Blick von oben herab gedacht, sondern vielmehr eine Perspektive, die den Blick frei mache, der sonst häufig schon beim nächsten dringenden Termin hängen bleibe. Fliegen können sei ein uralter Menschheitstraum. Heute wohl nicht mehr wegen der altmodischen Vorstellung, dort oben Gott näher zu sein, heute vielmehr wegen der weiten Freiräume und offenbar unendlichen Bewegungsfreiheit der Vögel. Es gehe von allem um die Kraft beflügelnder Visionen und Bilder, so Bischof Janssen.
Vögel reagierten besonders empfindlich auf den ausbeuterischen Umgang mit der Natur. Erstaunlich schnell richteten sie sich auf neue Situationen ein, erklärte der Bischof und nannte etliche Beispiele. Ihm selber sei die Beobachtugn wichtig geworden, dass die Vögel bei der intensiven Nahrungssuche und dem Kampf ums Überleben ein sinnvolles Neben- und Miteiander entwickelt hätten, sie fielen nicht übereinander her. Bischof Janssen rief dazu auf, sich ein Beispiel an den Vögeln zu nehmen, beweglich zu bleiben und aufgrund der Entwicklungsgeschichte zu begreifen, dass alle Menschen auch Zugvögel seien, also Geschöpfe mit Migrationshintergrund.
Peter Südbeck unterstrich in seinem Grußwort die Bedeutung der Zugvögel als Boten dieser Welt. Hier sei es wichtig, Verantwortung zum Erhalt des Lebensraums zu übernehmen und eine gute Willkommenskultur ein Begriff, der heute sehr aktuell ist, zu zeigen.
Annette Kellin