Zum Teilen mit Armen und Bedürftigen weltweit hat Bischof Thomas Adomeit zum Erntedankfest aufgerufen. In seiner Predigt in der Oldenburger St. Lambertikirche kritisierte der Bischof der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg am Sonntag, 6. Oktober, dass immer mehr Menschen auch im reichen Deutschland an der Armutsgrenze lebten. „Das darf so nicht bleiben, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht“, so Adomeit.
Auch wenn die Unterschiede zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik groß seien, gehöre das Land zu den „Habenden“. Weltweit müssten sehr viele Menschen hungern und hätten nie eine Chance, ihren Lebensunterhalt aus eigener beruflicher Arbeit zu bestreiten. Die einen hätten eine Heimat, während andere ihre Heimat auf Grund von Kriegen oder Naturkatastrophen verlören. „Ich würde mich von Herzen freuen über das, was mit geschenkt ist, wenn ich nicht den Eindruck haben müsste, mein Wohlstand wäre auf Kosten der Menschen zustande gekommen, die eben nicht ‚haben’“, sagte Bischof Thomas Adomeit.
Dankbarkeit müsse aber auch Folgen haben, sichtbar sein und im Teilen und Schenken erfahrbar werden, betonte Adomeit in seiner Predigt zum Erntedankfest (Jesaja 58,7-12). Für das Teilen mit Armen in Deutschland und weltweit gebe es viele Möglichkeiten. „Manche haben schon lange ein Patenkind in Indien oder unseren Partnerkirchen in Ghana oder Togo, dessen Lebensunterhalt und Ausbildung sie sich einen monatlichen Betrag kosten lassen. Andere spenden regelmäßig für Brot für die Welt.“ Doch darüber hinaus gebe es noch viele gute Gelegenheiten, die Geschenke Gottes nicht allein für sich zu behalten, sondern weiterzugeben an Bedürftige in Deutschland und in den Hunger- und Krisengebieten der Erde. Es gehe um den tätigen Erntedank, „um die Erkenntnis, dass alles, was wir ernten, Geschenk ist.“
Die Welt brauche Menschen, die Lücken schlössen und Wege bereiteten, damit Friede entstehe. „Unsere Welt braucht eine christliche Kirche, die sie ermahnt und die selber Hand anlegt.“ So werde die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit starken Partnern ein Schiff ins Mittelmeer entsenden. Auch die oldenburgische Kirche unterstütze das Vorhaben, so Bischof Adomeit. „Es kann nicht sein, dass Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken und wir zuschauen. Dass es im Moment keine sicheren Orte gibt, die die Menschen an der afrikanischen Küste aufnehmen, erschwert die Rettung natürlich.“
Dass sich Menschen auf die Flucht begeben müssten, sei auch „unserer Wirtschaftspolitik in Europa“ geschuldet, betonte Adomeit. „Wir haben unseren Wohlstand in Europa in Teilen auch auf Kosten der ärmeren Länder dieser Welt aufgebaut. Wir importieren Rohstoffe, exportieren unsere Überschüsse und ermöglichen z. B. den afrikanischen Ländern nur wenig Zugang zu unseren Märkten. Konflikte in den verschiedenen Regionen der Welt werden auch mit Waffen ausgetragen, die wir verkauft haben. Der Klimawandel trifft die Ärmsten – dabei ist der CO2-Ausstoß in den Industrieländern pro Person signifikant höher, macht aber an den Grenzen in Richtung Afrika nicht halt. Und wir kaufen Edelmetalle billig ein und nehmen Ausbeutung und Kinderarbeit in Kauf“.
Insofern sei ein Schiff zur Rettung von Flüchtlingen nur ein Bekämpfen von Symptomen, „die auf ein Ungleichgewicht hinweisen, das unser System mit verursacht hat.“ Doch so lange Europa nicht bereit sei, ernsthaft an die Bekämpfung der Ursachen für die Flucht zu gehen, müssten wenigstens die Folgen gemildert werden, so Bischof Thomas Adomeit.
Hier finden Sie die Predigt von Bischof Thomas Adomeit im vollen Wortlaut im Format PDF.