Kirche muss die Kirchenmauern verlassen und unter die Menschen gehen, diesem Konzept folgen die Passionspunkte, die bereits seit 18 Jahren Jahr für Jahr erfolgreich in Wilhelmshaven gesetzt werden. Im vergangenen Jahr war die Reihe sogar von der Gottesdienststiftung mit einem Preis ausgezeichnet worden. Gerade in diesen Tagen ist das Buch dazu („Ausgezeichnete Gottesdienste“ bei Vandenhoeck und Ruprecht) erschienen. Jetzt stellten die Pastoren Bernhard Busemann und Frank Morgenstern aus der Christus- und Garnisonkirche das diesjährige Programm vor.
Eine Woche vor Ostern beginnen die Passionspunkte, das Banner und das große Kreuz laden jeweils um 18 Uhr an einem anderen Ort der Stadt zur Ruhe und zur Andacht ein. In den Blick werden dabei besondere Orte genommen, an denen Leid und / oder Segen zu spüren sind. An jedem Ort gibt es fachliche Erläuterungen zum Ort, zur Geschichte, zur Zukunftsperspektive von einem „Fachmann“, einer „Fachfrau“, außerdem Live-Musik und einen geistlichen Impuls. Eine gute halbe Stunde kommt man zusammen, verlässt die Hektik des Alltags, um sich auf grundlegende Fragen einzulassen.
Ein Konzept, das aufgeht. Kirche an anderen Orten als in der Kirche, das passt in Wilhelmshaven gut. Dabei ist die Liturgie von Anfang an gleich geblieben, eine Struktur, die die Besucher wiedererkennen. „Wir erreichen Jahr für Jahr rund 1400 Menschen, oft auch Menschen, die wir sonst in der Kirche nicht sehen“, sagte Busemann.
Den Auftakt macht am Sonntag, 25. März, ein Treffpunkt beim Banter Seepark, wo das Trilaterale Weltnaturerbe Wattenmeer Partnerschaftszentrum entstehen soll. Zwei Tage nach dem ersten Spatenstich wird hier unter dem Titel „Aus drei mach eins“ über Bedeutung und Ausrichtung des Zentrums nachgedacht. Am Montag, 26. März, heißt es „Vaterland?“ Bei der Justizvollzugsanstalt am Ölhafendamm 2 geht es um Soldaten, die während des Nazi-Regimes exekutiert wurden. Die GPS-Wohnstätte Rheinstraße 112 ist Treffpunkt am Dienstag, 27. März, hier geht es unter dem Titel „mittendrin“ um die Geschichte des Umgangs mit Menschen mit Behinderungen. Der vierte Passionspunkt am Mittwoch, 28. März, findet auf der Dachterrasse des Wattenmeer-Besucherzentrums statt. „Siehst du mich?“, heißt es hier, es geht um den Kampf ums Überleben im Wattenmeer. Am Donnerstag, 29. März, geht es um die Stadt insgesamt im Spannungsfeld zwischen Ödnis und traumhaften Ecken. Treffpunkt ist die Christus- und Garnisonkirche. Am Karfreitag, 30. März, heißt es „Wendepunkt“, man trifft sich in der Kunsthalle und nimmt die aktuelle Ausstellung in den Blick. Den Abschluss macht am Sonnabend, 31. März, „Abgedankt“. Auf der Wiesbadenbrücke gibt es Gedanken zwischen Historie und Zukunft, zwischen harter Arbeit bei geringem Lohn und Wohnen für gehobene Ansprüche.
Alle Passionspunkte sind in einem Flyer verzeichnet.
Annette Kellin