Am 1. Mai des Jahres ist Oldenburg in die Reihe der Städte eingetreten, die Bahnhofsmission treiben, so steht es in einem Rundschreiben der Generalsekretärin der deutschen Bahnhofsmission aus dem Jahr 1915. Mitten im Ersten Weltkrieg wurde diese Arbeit auch in Oldenburg aufgenommen. In diesem Jahr blickt die Bahnhofsmission Oldenburg auf 100 Jahre Tätigkeit zurück.
Von Beginn an war für die engagierten Frauen des Freundinnen-Vereins, die die Bahnhofsmission damals führten, viel zu tun. Ich wünschte schon im Laufe des ersten Tages, mich verdreifachen zu können, so vieles wurde ich gefragt, schrieb ein Fräulein Müller an die Generalsekretärin. Und sie berichtet weiter von zwei jungen Mädchen, denen sie aus wirklicher Verlegenheit helfen konnten. Denn zum Schutz der reisenden weiblichen Jugend hatte die Bahnhofsmission damals ihre Arbeit aufgenommen. Heute sind beide Geschlechter willkommen.
Unsere Arbeit besteht heute aus zwei Bereichen. Am Gleis und in den Räumen der Bahnhofsmission, berichtet die Leiterin der Bahnhofsmission Doris Vogel-Grunwald. Die Unterstützung der Reisenden sei oft eine einfache Hilfe beim Umsteigen. Dabei geht es nicht nur um ältere Menschen, die unsere Unterstützung brauchen. Auch die Mütter, die zur Kur auf die Inseln reisen, sind für unsere Unterstützung sehr dankbar, berichtet Vogel-Grunwald. Gepäck und drei Kinder, das könne selbst an einem überschaubaren Bahnhof wie Oldenburg Stress bringen. Den wollen die Helferinnen und Helfer der Bahnhofsmission nehmen. Die An- und Abreisetage der Kurgäste sind fest eingeplant. Fest vermerkt sind auch die Reisetage einer jungen blinden Frau, die jeden zweiten Donnerstag zu ihrem Freund nach Hannover fährt. Mittlerweile kennt man sich richtig gut, berichtet Vogel-Grunwald.
Gut kennen tut sich auch das Team aus den drei Hauptamtlichen sowie 20 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Von 17 bis 77 sind alle Alterstufen vertreten. Die Arbeit macht einfach Spaß, berichtet die Studentin Sabrina Heimes. Und der Rentner Horst Häuser ergänzt: Sonst würde man es auch nicht machen.
Stammgäste gibt es auch in den Räumen der Bahnhofsmission neben Gleis eins. Für viele wohnungslose Oldenburger ist die Bahnhofsmission ein fester Bestandteil ihres Tagesablaufes. Dort können sie morgens einen Kaffee trinken und die Tageszeitung lesen. Allerdings nur eine Stunde lang, so steht es in der Hausordnung. Vogel-Grunwald betont: Wir sind eben kein Tagesaufenthalt. Für Beratung verweisen wir an den Tagesaufenthalt in der Ehnernstraße.
Dennoch seien viele Gespräche natürlich auch mit seelsorgerischem oder beratendem Charakter. Wir sind froh, dass wir in der Stadt, bei den evangelischen Gemeinden und dem Forum St. Peter sehr gut vernetzt sind, betont Vogel-Grunwald. Letztes Jahr im Herbst kam beispielsweise ein Mann, dem es sehr schlecht ging, zu uns. Er wollte dringend einen katholischen Geistlichen sprechen. Das konnte ich über die Kontakte schnell organisieren, erzählt Vogel-Grunwald.
Auf eine Besonderheit der Oldenburger Bahnhofsmission ist Vogel-Grunwald sehr stolz. Seit vier Jahren bieten sie und ihr Team postalische Erreichbarkeit für Menschen unter 25 Jahren an. Das werde sehr gut angenommen. Was die Bahnhofmission ausmache, sei, dass sie versuche, für die Probleme der Menschen in der Stadt Lösungsansätze zu finden. Finanziert wird die Arbeit vom Diakonischen Werk der oldenburgischen Kirche und über Spenden.
Gefeiert wird das Jubiläum mit einem Festgottesdienst am Freitag, 24. April, 12 Uhr in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche. Bischof Jan Janssen hält die Predigt.
Ein Beitrag von Kerstin Kempermann (Evangelische Zeitung Oldenburg).