Kirchliche Religion verliert Konturen, stellte der Berliner Religionssoziologe Prof. Dr. Wilhelm Gräb vor knapp 180 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Kirche und sozialer Arbeit fest. Menschen seien nicht weniger religiös, suchten aber nach neuen Formen von Spiritualität. Die spirituelle Suche nach Lebenssinn und die Sehnsucht nach emotional dichteren Erfahrungen sei bis weit in die Volkskirchen verbreitet. Dabei entstünden neuartige Kombinationen von christlichen und nicht christlichen Vorstellungen und Praktiken, so Gräb in seinem Vortrag auf dem Abend der Begegnung der Diakonie im Oldenburger Land am 25. September im Oldenburger Landtag.
Die religiöse Deutungssprache von Kirche und Theologie sei zwar manchmal schwer verständlich, gebe aber noch immer Orientierung, bekräftigte der Religionssoziologe. Viele Menschen sähen sich einer ungeheuren Bewährungsdynamik ausgesetzt: Prüfungen, Erwartungen und Anforderungen in Familie, Schule und Beruf erzeugten oft ungeheure Rechtfertigungszwänge. Die evangelische Rechtfertigungslehre entlaste Menschen, die das Gefühl hätten, den Ansprüchen, die sie und andere an sie stellten, nicht gerecht werden zu können. Wer die Glaubenserfahrung akzeptiere, dass das Wichtigste im Leben nicht der eigenen Leistung entstammt, der könne gelassener werden.
Wo sich Menschen begegnen und sich gegenseitig zum Nächsten werden, berühren sich Himmel und Erde, ergänzte Diakonie-Vorstand Thomas Feld. Solche Situationen seien das Geburtsmoment der Diakonie.
Der Oldenburger Bischof Jan Janssen betonte in seiner Begrüßung, dass es gewiss nicht abwegig sei, festzustellen, dass in der Sozialpolitik mehr und mehr ökonomische Kriterien den Alltag bestimmen. Schön und gut ist das nicht! So würden auch unternehmerische Ratgeber oft widersprüchliche Ratschläge erteilen. Der Rat der einen laute: Achtet auf den Markt. Ihr müsst euch unbedingt in Angebot und Nachfrage einpassen!, während andere dazu rieten: Arbeitet an eurem eigenen Profil! Ihr braucht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal! Hier sei mehr Klarheit nötig, so Janssen.
Nach 27 Jahren fand der 28. Abend der Begegnung der Diakonie das erste Mal nicht im Pädagogisch-Therapeutischen Zentrum am Borchersweg sondern im Oldenburger Landtag statt. Mit dem Ortswechsel dokumentiert die Diakonie, dass es ihr ernst ist mit der Ausrichtung auf die Region. Die Diakonie steht für zahlreiche soziale Angebote im Oldenburger Land. Auch hinsichtlich des Arbeitsrechtes gingen Impulse zur Weiterentwicklung von Oldenburg aus. Derzeit würden intensive Gespräche mit den Mitarbeitenden und ihren Vertretern geführt, erklärte Diakonie-Vorstand Uwe K. Kollmann.
Ein Beitrag von Frerk Hinrichs, Pressesprecher Diakonie im Oldenburger Land.