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Der bedeutende norddeutsche Bildhauer Ludwig Münstermann soll in Zukunft weit über die Grenzen des Oldenburger Landes bekannt gemacht werden. Am Freitag, 2. November, wurde in Oldenburg eine Gründung einer Ludwig Münstermann Gesellschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins gegründet. So soll das Werk des norddeutschen Bildhauers (1575-1638) erhalten und das Wissen über den Künstler vertieft und verbreitet werden, betonte der Kunsthistoriker Dietmar Ponert vom Initiativkreis der Gesellschaft bei der Gründungsversammlung am Freitag im Lambertus-Saal der Oldenburger St.-Lamberti-Kirche. Mit der Gründung ist auch das Anliegen verbunden, ein Forum und ein Netzwerk aus engagierten Menschen zu etablieren, die ihr Interesse, ihre Neugier, ihre Kenntnisse und vor allem ihre Begeisterung für den einzigartigen Bildhauer des nordeuropäischen Manierismus bündeln, verbreiten und vertiefen können.

Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Thomas Adomeit, sagte am Freitag, dass die überragende künstlerische Bedeutung des genialen Künstlers Münstermanns unumstritten sei. Münstermanns Arbeiten seien eine Form der darstellenden Verkündigung, die es wieder zu entdecken gelte. Er habe sich dem Sehen und Spüren in besonderer Weise zugewandt, in dem er beeindruckende Kunstwerke geschaffen habe. Dabei sei es erstaunlich, dass noch so viele Altäre, Kanzeln und Taufen des Künstlers fast ausschließlich im Oldenburger Land erhalten seien, da er in einer Zeit eines bilderfeindlichen Protestantismus gewirkt habe. Münstermann habe im Jahr des Reformationsjubiläums viel Aufmerksamkeit bekommen und mitgeholfen, die evangelische Tradition aus den Wurzeln der Reformation deutlich zu machen. Seine Werke sollten bekannter und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so Adomeit.

Der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, rief dazu auf, das norddeutsche Understatement zu überwinden und selbstbewusst auf die bedeutenden Kunstschätze hinzuweisen. Es gehe darum, die regionale Identität herauszustellen. Thümler kündigte an, als Gründungsmitglied der Gesellschaft angehören zu wollen und regte an, dass viele Menschen sich der Gesellschaft anschließen. Der niedersächsische Minister würdigte Münstermann als bedeutenden Künstler, der während des 30-jährigen Krieges erstaunliches geschaffen habe. Nur wenige Werke anderer Künstler erzählten so plastisch die biblischen Geschichten von der Geburt Jesu bis zur Auferstehung, wie die von Münstermann.

Für den Oldenburger Kirchenhistoriker OKR i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer sind die Altäre, Kanzeln und Taufen Münstermanns mit „theologischen Wimmelbildern“ zu vergleichen. Die Figuren seien wie in einer Momentaufnahme an den erzählten biblischen Geschichten aktiv beteiligt und verdeutlichten lutherisches Glaubensverständnis. Zu Münstermanns Zeiten seien noch viele Menschen Analphabeten gewesen. Wie der Reformator Martin Luther (1483-1546) habe Münstermann mit seiner Kunst den Menschen einen Zugang zur Bibel eröffnet.

Der in Hamburg geborene Ludwig Münstermann hat fast ausschließlich für die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst gearbeitet. Wie kein anderer Bildhauer hat er die Kirchen in der Region geprägt. Er gilt als die eigenwilligste und eigenständigste Künstlerpersönlichkeit unter den Bildhauern des nord- und mitteldeutschen Manierismus und gehört zu den großen Persönlichkeiten des Oldenburger Landes.

Seine beeindruckenden Werke prägen seit dem frühen 17. Jahrhundert viele Kirchen im Oldenburger Land. Im Auftrag des Grafen und der Gemeinden wurde reformatorische Theologie faszinierend in Bild und Szene gesetzt. Münstermanns Kanzeln und Altäre, seine Taufbecken und Epitaphien versetzen bis heute Einheimische wie Touristen ins Staunen. Wie Martin Luther dem Volk die Bibel mit seiner deutschen Übersetzung im Wort nahegebracht hat, so hat Ludwig Münstermann mit Altären und Kirchenschmuck die biblische Geschichte in eindrucksvollen Bildern erzählt.

Der Initiativkreis zur Gründung der Ludwig Münstermann Gesellschaft bestand aus: Dr. Michael Brandt, Pfarrer Tom O. Brok, Pfarrer i.R. Frank Klimmeck, Achim Knöfel, Dr. Walter Müller, OKR i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer, Dr. Dietmar Ponert und Dr. Jörgen Welp.

Buchhinweise:
Rolf Schäfer: Münstermann-Bilder. Ausgewählt und kommentiert von Rolf Schäfer, Verlag Isensee 2017, 12,90 Euro, ISBN: 978-3-7308-1398-0

Dietmar J. Ponert, Rolf Schäfer: Ludwig Münstermann, Bildhauerkunst des Manierismus im Dienste lutherischer Glaubenslehre, Verlag Schnell und Steiner 2016, Zwei Bände mit zusammen rund 1.000 Seiten, 99 Euro, ISBN: 978-3-7954-3166-2


Gründungsversammlung der Ludwig Münstermann Gesellschaft in Oldenburg (von li. nach re.): Bischof Thomas Adomeit, der neue erste Vorsitzende Dr. Dietmar Ponert und Minister Björn Thümler. Foto: Ivonne Kaiser
Gründungsversammlung der Ludwig Münstermann Gesellschaft in Oldenburg (von li. nach re.): Bischof Thomas Adomeit, der neue erste Vorsitzende Dr. Dietmar Ponert und Minister Björn Thümler. Foto: Ivonne Kaiser