Osnabrück (epd). Die Wasserexpertin Claudia Pahl-Wostl fordert angesichts zunehmender Hitze- und Trockenperioden ein ganzheitliches und anpassungsfähiges Wassermanagement. Der Wassermangel werde sich in den kommenden Jahren verschärfen, auch wenn niemand genau vorhersagen könne, wie schlimm es tatsächlich werde, sagte die Professorin für Ressourcenmanagement an der Universität Osnabrück im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Land- und Forstwirtschaft, Politik und auch die Bürger sollten ihren Wasserverbrauch drosseln, Regenwasser in der Fläche halten und für verschiedene Szenarien planen.
In Deutschland sei Wassermangel bislang nie ein Thema gewesen, obwohl der Klimawandel in den vergangenen Jahre deutliche Anzeichen ausgesendet habe. «Aber man hat es nicht wahrhaben wollen und einfach verdrängt», kritisierte Pahl-Wostl. Entsprechend seien Wälder und Ackerflächen entwässert worden, damit schwere Maschinen auf den Böden rangieren könnten. Die Professorin am Institut für Umweltsystemforschung plädierte dafür, die Maßnahmen rückgängig zu machen, in Wäldern wieder mehr Feuchtflächen zu schaffen und Wasser in die Felder zu leiten.
Zudem sollten, wo immer es möglich sei, Flächen entsiegelt werden, damit Regenwasser nicht in der Kanalisation lande. Notwendig seien für all diese Maßnahmen grundsätzlich neue Ansätze, «die weggehen von der Grundidee, man könnte die Natur kontrollieren und mit technischen Mitteln den kurzfristigen menschlichen Zwecken dienbar machen», betonte Pahl-Wostl. Allerdings müssten dafür Verwaltungsstrukturen und auch Gesetze geändert werden. Neuprojekte sollten sich nicht länger auf Jahrzehnte alte Messdaten stützen und Wasserrechte nicht auf zehn oder 15 Jahre vergeben werden. «Jede Form von Planung, die Unsicherheiten nicht mit einbezieht, ist nicht mehr zeitgemäß.»
Die Menschen müssten ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass es letztlich auch zu ihrem Vorteil sei, mit der Natur zu arbeiten, sagte die international gefragte Expertin, die Regierungen und Behörden berät. So könne etwa auch Hochwasserschutz nur gelingen, wenn den Flüssen mehr Raum für Überschwemmungen gegeben werde, auch wenn dafür etwa Wohnsiedlungen weichen müssten. Die Anwohner und verschiedene Interessengruppen müssten an solchen Planungsprozessen von Anfang an beteiligt werden, um Streitereien und langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Jeder Bürger könne darüber hinaus durch sein Konsumverhalten den Wasserhaushalt beeinflussen, unterstrich Pahl-Wostl. «Denn in allen Produkten steckt Wasser. In einigen - wie Fleisch - mehr, in anderen weniger. 60 Prozent der Ackerfläche wird in Deutschland zum Beispiel noch immer für Viehfutter verwendet, um unseren hohen Fleischkonsum zu befriedigen.»